11.2 Schatten
Wenn du das Bild 11.11 betrachtest, fällt dir vermutlich zuerst die Karawane oder die Sanddünen auf.
Der wahre Star dieses Kapitels ist so selbstverständlich, dass die meisten ihn gar nicht wahrnehmen: der Schatten. Schatten sind für viele Phänomene im Alltag verantwortlich, deshalb lohnt es sich mit ihnen näher zu beschäftigen.
11.2.1 Arten von Schatten
Der unbeleuchtete Raum hinter einem beleuchteten Körper wird Schattenraum (engl. shadow zone) genannt (interaktives Bild 11.12).
Bei einer ausgedehnten Lichtquelle oder bei mehreren punktförmigen Lichtquellen kannst du unterschiedlich dunkle Schattenbereiche unterscheiden. Der Bereich, den kein Licht erreicht, wird Kernschatten genannt. Befindest du dich im Kernschatten, kannst du keine Lichtquelle sehen. Bereiche, die teilweise ausgeleuchtet sind, werden als Halb- oder Übergangsschatten bezeichnet.
11.2.2 Schatten im Sonnensystem
Die wichtigste Lichtquelle für uns Menschen ist die Sonne. Durch die Bewegung von Erde und Mond kommt es zu verschiedenen Schatten-Erscheinungen (interaktives Bild 11.13; falsche Längenverhältnisse).
Wir erleben diese Schatten als:
- Tage und Nächte
- Mondphasen
- Sonnenfinsternisse
- Mondfinsternisse
11.2.3 Tag, Nacht und die Jahreszeiten
Durch die Erdrotation entstehen Tag und Nacht. In rund 24 Stunden wenden wir uns der Sonne einmal zu (Tag) und wieder ab (Nacht). Während der Nacht befinden wir uns im Erdschatten.
Dadurch, dass die Erdachse zur Ekliptik geneigt steht, kommt es zu weiteren Effekten. Die Tageslänge ändert sich im Jahresrhythmus. Die Extreme sind:
- Wintersonnenwende – kürzeste Tag (geringste Mittagshöhe der Sonne).
- Sommersonnenwende – längste Tag (höchste Mittagshöhe der Sonne).
Durch die unterschiedlichen Tageslängen und die unterschiedlichen Einstrahlwinkel der Sonne entstehen die Jahreszeiten. Die Entfernung zur Sonne spielt dabei keine Rolle. Im Gegenteil: In unserem Winter erreicht die Erde sogar ihren sonnennächsten Punkt (Aphel) ihrer Bahn.
Besonders extrem sind die Bedingungen jenseits des Polarkreises (ab etwa 66,5° nördlicher und südlicher Breite, Bild 11.14): In diesen polnahen Regionen gibt es Tage, an denen sich die Sonne 24 Stunden lang über dem Horizont befindet (Mitternachtssonne, Bild 11.15) und ein halbes Jahr später Tage, an denen die Sonne 24 Stunden lang nicht über den Horizont steigt (Polarnacht).
Links:
- Video: Warum gibt es Tag und Nacht?
11.2.4 Mondphasen
Im Bild 11.16 kannst du erkennen, wie die Mondphasen entstehen. Je nachdem, von welcher Seite wir die von der Sonne beschienene Mondhalbkugel sehen können, ergibt sich eine andere Mondphase. Vollmond kannst du daher immer nur bei Nacht beobachten, weil du von der sonnenabgewandten Seite den Mond betrachten musst. Umgekehrt kannst du Neumond nur bei Tag bewundern, weil du auf der sonnenzugewandten Seite auf den Mond sehen musst.
Für einen vollständigen Umlauf um die Erde benötigt der Mond ungefähr 27 Tage. Weil sich aber in dieser Zeit die Erde ebenfalls auf ihrer Bahn um die Sonne weiterbewegt hat, sehen wir nach dieser Zeit nicht dieselbe Mondphase. Dazu muss sich der Mond noch etwas weiter bewegen. Erst nach etwa 29 Tagen zeigt sich uns dieselbe Mondphase erneut.
Die Zeitspanne eines Mondphasenzyklus (von Neumond bis zum darauffolgenden Neumond) entspricht in etwa der Länge eines Kalendermonats. In der Animation 11.17 siehst du einen vollständigen Mondphasenzyklus in Zeitraffer.
Ist dir bei der Animation 11.17 etwas aufgefallen? Der Mond wackelt zwar während eines Zyklus ein wenig hin und her, im Wesentlichen sehen wir aber immer dieselbe Seite des Mondes. Das ist kein Zufall: Durch die Gezeitenreibung haben sich Eigendrehung und Umlaufperiode des Mondes synchronisiert (Gebundene Rotation). Erst durch Raumsonden, die den Himmelskörper umrundeten, erhielten wir erste Bilder von der erdabgewandten Seite des Mondes (engl. far side of the Moon).
Links:
11.2.5 Sonnenfinsternis
Trifft der Kernschatten des Mondes auf die Erde, erleben wir eine Sonnenfinsternis (engl. solar eclipse) (Bild 11.18).
Da die Bahnebenen von Erde-Sonne und Mond-Erde zueinander geneigt sind, kommt es nicht monatlich zu einer Sonnenfinsternis. Der Mond muss nicht nur an der richtigen Stelle sein, er muss sich außerdem auch in der richtigen „Höhe“ – daher in der Ekliptik-Ebene befinden. In Bild 11.19 siehst du, wie klein der Kernschatten des Mondes auf der Erde ist.
Eine totale Sonnenfinsternis ist also eine relativ seltene Erscheinung. Die nächste Sonnenfinsternis in Europa findet am 12. August 2026 statt.
11.2.6 Mondfinsternis
Durchwandert der Mond den Kernschatten der Erde, erleben wir eine Mondfinsternis (engl. lunar eclipse) (Bild 11.20).
Da die Bahnebenen von Erde-Sonne (Ekliptik) und Mond-Erde zueinander geneigt sind, kommt es nicht monatlich zu einer Mondfinsternis. Der Mond muss nicht nur an der richtigen Stelle sein, er muss sich außerdem auch in der richtigen „Höhe“ – daher in der Ekliptik-Ebene befinden.
Der Kernschatten der Erde ist größer als der des Mondes, dadurch kommt es häufiger zu Mond- als zu Sonnenfinsternissen. Wann und wo du die nächste Mondfinsternis beobachten kannst, findest du in der Wikipedia.
Interessanterweise wird der Mond selbst bei einer totalen Mondfinsternis nicht ganz schwarz, sondern schimmert rötlich (Bild 11.21). Selbst im Kernschatten der Erde wird ein wenig Sonnenlicht durch die Erdatmosphäre gestreut und trifft den Mond.