8.8 Mehrfache Überlagerung von Schwingungen
In den 1970er-Jahren wurden sogenannte Synthesizer populär (Bild 8.41). Das sind Musikinstrumente, die auf elektronischem Wege Klänge erzeugen.
In diesem Kapitel erfährst du die Grundlagen für die Synthese und Analyse von Klängen.
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8.8.1 Satz von Fourier
Der Grund, warum wir uns bisher ausschließlich mit harmonischen Schwingungen beschäftigt haben, ist der Satz von Fourier (engl. fourier principle), benannt nach Joseph Fourier:
Jede periodische Schwingung lässt sich als Summe von harmonischen Schwingungen erzeugen. \[\begin{equation} \begin{aligned} y(t) = A_0 + {} & A_1\cdot\sin(t) & + & B_1\cdot\cos(t) & + & \\ & A_2\cdot\sin(2\cdot t) & + & B_2\cdot\cos(2\cdot t) & + & \\ & A_3\cdot\sin(3\cdot t) & + & B_3\cdot\cos(3\cdot t) & + &\ldots \\ \end{aligned} \tag{8.17} \end{equation}\] |
Die Amplituden \(A_0, A_1, B_1, A_2, B_2, A_3, B_3,\ldots\) heißen Fourierkoeffizienten (engl. fourier coefficients). In der interaktiven Abbildung 8.42 kannst du mit den ersten Fourierkoeffizienten experimentieren und beobachten, welche Schwingung sich als Überlagerung ergibt.
Das „Nachbauen“ einer periodischen Schwingung aus harmonischen Schwingungen wird als Fourier-Synthese (engl. fourier synthesis) bezeichnet. Nach diesem Prinzip erzeugt der Synthesizer seine Klänge. In den folgenden Abschnitten findest du Beispiele für die Erzeugung einiger recht exotischer Schwingungen.
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8.8.2 Synthese einer Rechteckschwingung
Eine Rechteckschwingung (engl. pulse wave) lässt sich als Summe von harmonischen Schwingungen bilden:
\[\begin{equation} y(t) = \sum_{n=1}^{\infty}\frac{1}{(2 n-1)^2}\cdot\sin((2 n-1)\cdot t) \tag{8.18} \end{equation}\]
Das Ergebnis der ersten \(n\) Summanden siehst du im interaktiven Bild 8.43.
Das blaue Diagramm in Bild 8.44 wird Frequenzspektrum genannt. Darin kannst du die zur Synthese einer Schwingung notwendigen Frequenzen und Amplituden der harmonischen Teilschwingungen ablesen.
Als Schallschwingung klingt eine Rechteckschwingung so Audio abspielen.
8.8.3 Synthese einer Sägezahnschwingung
Auch eine Sägezahnschwingung oder Kippschwingung (engl. sawtooth wave) lässt sich als Summe von harmonischen Schwingungen erzeugen:
\[\begin{equation} y(t) = \sum_{n=1}^{\infty}-\frac{1}{n}\cdot \sin(n\cdot t) \tag{8.19} \end{equation}\]
Das Ergebnis der ersten \(n\) Summanden siehst du im interaktiven Bild 8.45.
Als Schallschwingung klingt eine Sägezahnschwingung so Audio abspielen.
8.8.4 Synthese einer Dreieckschwingung
Eine Dreieckschwingung (engl. triangle wave) erhältst du durch die Summe:
\[\begin{equation} y(t) = \sum_{n=1}^{\infty}\frac{1}{(2 n-1)^2}\cdot \cos((2 n-1)\cdot t) \tag{8.20} \end{equation}\]
Das Ergebnis der ersten \(n\) Summanden siehst du im interaktiven Bild 8.46.
8.8.5 Ton, Klang und Geräusch
Sprechen Physikerinnen und Physiker von einem Ton (engl. tone), ist immer eine harmonische (sinusförmige) Schallschwingung einer einzigen Frequenz gemeint. Das einzige Instrument, dass einen Ton erzeugt, ist die Stimmgabel.
Unter einem Klang (engl. sound) verstehen Physikerinnen und Physiker eine Schallschwingung, die aus mehreren harmonischen Schallschwingungen unterschiedlicher Frequenz zusammengesetzt ist. Die Tasten und Saiten von Musikinstrumenten erzeugen daher Klänge.
Dabei wird die harmonische Schwingung mit der tiefsten Frequenz eines Klangs als Grundschwingung, alle weiteren als Oberschwingungen bezeichnet. Die Frequenz der Grundschwingung entscheidet, welche Tonhöhe wir wahrnehmen. Im Bild 8.47 siehst du links jeweils das Ort-Zeit-Diagramm der Schwingung und rechts das zugehörige Frequenzspektrum, also die Fourierkoeffizienten der Schwingung. Das Amplitudenverhältnis der Teilschwingungen ist dabei charakteristisch für ein Musikinstrument und bestimmt die sogenannte Klangfarbe (engl. timbre). Jetzt verstehst du auch, warum eine Flöte Audio abspielen und eine Geige Audio abspielen (selbst bei gleicher Tonhöhe) unterschiedlich klingen – sie erzeugen unterschiedliche Obertöne.
Jede nicht-periodische Schallempfindung wird als Geräusch oder Rauschen (engl. noise) bezeichnet.
Sei bitte nicht verwirrt: In der Musik wird eine Schallempfindung, die durch eine Taste, eine Saite, etc. eines Musikinstruments erzeugt wird, als „Ton“ bezeichnet (physikalisch also ein Klang, außer bei einer Stimmgabel). Das Zusammenwirken mehrerer „Töne“ wird in der Musik als „Klang“ bezeichnet (physikalisch ebenfalls ein Klang).
Ein Synthesizer (Bild 8.41) versucht durch Überlagerung von Tönen den Klang von natürlichen Instrumenten elektronisch „nachzubauen“.
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8.8.6 Fourier-Analyse
Die Umkehrung, also das Bestimmen der Fourierkoeffizienten bei einer gegebenen Schwingung, wird Fourier-Analyse (engl. fourier analysis) genannt. In Bild 8.48 siehst du das zeitliche Frequenzspektrum hintereinander gespielter Klänge als Ergebnis einer Fourier-Analyse.
Für die Fourier-Analyse gibt es viele Anwendungsgebiete, zum Beispiel die eindeutige Stimmerkennung oder das Abspielen einer Audio-CD. Das mathematische Verfahren hinter einer Fourier-Analyse heißt Fourier-Transformation (engl. fourier transform). Was genau eine Fourier Transformation macht, lässt sich am besten mit einer Analogie zu sichtbaren Licht beschreiben. Ein weißer Lichtstrahl ist eine Mischung aus vielen Farben (Licht unterschiedlicher Frequenzen). Ein optisches Prisma (Bild 8.49, analog der Fourier Transformation) spaltet die enthaltenen Frequenzen so auf, dass sie erkennbar werden.
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