13.19 Datenübertragung per Funk
In Bild 13.226 siehst du einen Feuerwehrmann mit einem modernen Handfunkgerät (Walkie-Talkie).
Im letzten Kapitel haben wir gesehen, dass eine elektromagnetische Welle durch eine Antenne abgestrahlt und durch einen Dipol empfangen werden kann. In diesem Kapitel beschäftigen wir uns mit der Frage, wie damit konkrete analoge und digitale Informationen übertragen werden.
13.19.1 Modulation und Demodulation
Allen Datenübertragungsarten über elektromagnetische Wellen ist ein Prinzip gemeinsam. Einem Trägersignal wird zunächst ein Informationssignal überlagert. Dieser Vorgang wird als Modulation (engl. modulation) bezeichnet. Nach der Übertragung wird das Informationssignal dann wieder aus dem Trägersignal „herausgeholt“. Dieser Vorgang wird Demodulation (engl. demodulation) genannt.
Für die Modulation gibt es mehrere Möglichkeiten:
und auch Mischformen davon werden verwendet.
13.19.2 Amplitudenmodulation
Bei der Amplitudenmodulation AM (engl. amplitude modulation) wird die Amplitude der Trägerwelle mit der Informationswelle verändert.
Hat die Trägerschwingung die Form:
\[ u(t) = U_0\cdot\sin(\omega\cdot t) \]
Und bezeichnet \(s(t)\) die Funktion des zu übertragenden Signals, erhalten wir die Amplitudenmodulation durch:
\[ u'(t) = (U_0 + s(t))\cdot\sin(\omega\cdot t) \]
Im modulierten Signal ist das Informationssignal als Hüllkurve immer noch sichtbar (Bild 13.227).
13.19.3 Frequenzmodulation
In der Frequenzmodulation (FM) (engl. frequency modulation) wird das Informationssignal durch Variieren der Frequenz des Trägersignals „verpackt“.
Hat die Trägerschwingung die Form:
\[ u(t) = U_0\cdot\sin(\omega\cdot t) \]
Und bezeichnet \(s(t)\) die Funktion des zu übertragenden Signals, erhalten wir die Amplitudenmodulation durch:
\[ u'(t) = A\cdot\sin(\omega\cdot t+s(t)) \]
Frequenzmodulation ermöglicht eine qualitativ gute, störungsarme Übertragung von analogen Hörfunkprogrammen und wird oft auch beim Sprechfunk genutzt.
13.19.4 Phasenmodulation
In Bild 13.229 siehst du ein Beispiel für eine Phasenmodulation (PS) (engl. phase modulation oder phase shifting).
Bei einem binären Signal wird bei einer zu übertragenden „Null“ die Phase um eine halbe Periodendauer (plus oder minus \(\pi\)) bezüglich der Trägerwelle geändert (aus Maxima werden Minima und umgekehrt), bei einer „Eins“ wird die Trägerwelle nicht verändert. GPS verwendet zur Übertragung der Zeitinformation diese binäre Phasenumtastung (Binary phase-shift keying, BPSK).
Nach diesem Prinzip lassen sich auch mehr Zustände übertragen. Wechseln wir die Phasen etwa zwischen den Werten \(0\), \(\pi/2\), \(\pi\), \(3\pi/2\), können wir vier Zustände in derselben Zeit übertragen und die Informationsdichte erhöhen.
13.19.5 Smartphone, WLAN, Bluetooth
Du hast die grundlegende Übertragung eines Signals durch Amplitudenmodulation, Frequenzmodulation und Phasenmodulation kennengelernt. Die meisten heute verwendeten Übertragungsverfahren sind komplizierte Mischformen dieser Modulationsarten und beherrschen noch viele weitere Tricks, wie das blockweise Kommunizieren mehrerer Geräte über dieselbe Frequenz.
WLAN (Wireless Local Area Network) verwendet Quadraturamplitudenmodulation (QAM). Dabei wird sowohl Amplitude als auch Phase moduliert, um Informationen zu übertragen.
Bluetooth verwendet Frequenzsprungfrequenzmodulation (frequency Hopping Spread Spectrum, FHSS). Dabei kommt Frequenzmodulation und Phasenmodulation zum Einsatz. Außerdem wechselt die Übertragungsfrequenz kontinuierlich in einem vordefinierten Muster, um Störungen zu minimieren.
Im Mobilfunk kommen je nach Generation unterschiedliche Modulationsverfahren zum Einsatz:
- 2G (GSM): GMSK (Gaussian Minimum Shift Keying), eine spezielle Form der Phasenmodulation
- 3G (UMTS): QPSK (Quadrature Phase Shift Keying)
- 4G (LTE): 16QAM (Quadraturamplitudenmodulation)
- 5G: 256QAM (Quadraturamplitudenmodulation)
13.19.6 Bandbreite und Frequenzabstand
Wenn wir von einer Funkfrequenz sprechen, ist damit die Frequenz der Trägerwelle gemeint. Sobald die Trägerwelle aber durch Modulation ein Signal erhalten hat, beinhaltet die Funkwelle viel mehr Frequenzen. Als Beispiel betrachten wir eine Amplitudenmodulation, bei der wir der Trägerschwingung \(\omega_0\) eine Schwingung \(\omega_1\) überlagern:
\[ \begin{aligned} U(t) = {} & (U_0+U_1\cdot \sin(\omega_1\cdot t)) \cdot \sin(\omega_0\cdot t) \\ = {} & U_0 \cdot \sin(\omega_0\cdot t) + U_1\cdot \sin(\omega_1\cdot t) \cdot \sin(\omega_0\cdot t) \\ \end{aligned} \]
Mithilfe der Produktregeln für Winkelfunktionen lässt sich der zweite Ausdruck weiter zerlegen und wir erhalten insgesamt drei Summanden (Bild 13.230):
\[ U(t) = U_0 \cdot \sin(\omega_0\cdot t) + \frac{U_1}{2} \cdot \cos((\omega_0-\omega_1)\cdot t) - \frac{U_1}{2} \cdot \cos((\omega_0+\omega_1)\cdot t) \]
Im modulierten Signal sind neben der Trägerfrequenz \(f_0\) also auch die Frequenzen \(f_0\pm f_1\) enthalten (Seitenbänder). Allgemein gilt: Ist \(f_m\) die höchste zu übertragende Frequenz, befinden sich die Sendefrequenzen im Bereich \((f_0-f_m) \leq f\leq(f_0+f_m)\). Dieser Frequenzbereich um die Trägerfrequenz wird als Bandbreite oder Kanalbreite bezeichnet. In unserem Beispiel ist die Frequenzbandbreite somit \(2\cdot f_m\).
UKW-Stereo-Hörfunk inklusive des Datensignals des Radio Data Systems (RDS) benötigt eine Bandbreite von rund \(270\;\mathrm{kHz}\). Dieses Frequenzband wird von der Empfangsantenne des Radios aufgefangen. Damit das ohne Störung möglich ist, darf kein anderer Sender in diesem Frequenzbereich senden. Die Trägerfrequenz eines benachbarten UKW-Senders muss sich daher mindestens um diese Kanalbreite unterscheiden. In der Praxis wird im Hörfunk ein Frequenzabstand von \(300-500\;\mathrm{kHz}\) eingehalten (Bild 13.231).
13.19.7 Frequenznutzung
Die elektromagnetischen Wellen aller Funkanwendungen (WLAN, Radio, Mobilfunk,…) bewegen sich durch denselben Raum. Damit im Funkraum kein Chaos entsteht, gibt es in jedem Land einen Frequenzplan (engl. frequency allocation). Darin ist genau festgehalten, wer welche Frequenz verwenden darf. Um die Zuteilung und Einhaltung der Frequenzbereiche kümmert sich die Bundesnetzagentur in Deutschland, die Kommunikationsbehörde Austria in Österreich oder das Bundesamt für Kommunikation in der Schweiz. Die Internationale Fernmeldeunion (ITU), eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, kümmert sich um die internationalen Regelungen für die Nutzung von Funkfrequenzen.
Üblicherweise kannst du in den eigenen vier Wänden nach Herzenslust Physikexperimente durchführen. Bei Experimenten mit Funkwellen ist das anders. Die Erzeugung und Übertragung von Funkwellen sind durch Landesgesetze streng geregelt und Verstöße im Funkbereich werden mit hohen Strafen geahndet.
13.19.8 Jedermannfunk
Kaufst du ein Set Walkie-Talkies (Bild 13.233) oder ein Babyfon im Geschäft, darfst du diese Geräte ohne Registrierung oder Bewilligung verwenden.
Für diesen Jedermannfunk (engl. personal radio service) sind spezielle Frequenzen im Frequenzplan vorgesehen.
- CB-Funk (citizens band radio): 40 Frequenzen im 11-Meter-Band (um \(27\;\mathrm{MHz}\))
- PMR446 (private mobile radio): 16 Frequenzen im 2-Meter-Band (um \(446\;\mathrm{MHz}\))
Neben diesen in allen deutschsprachigen Ländern verfügbaren Frequenzen, gib es meist auch noch landesspezifische weitere freigegebene Bereiche, wie Freenet in Deutschland.
Du wirst dich jetzt vermutlich fragen, wie es möglich ist, bei so wenigen Kanälen trotzdem nicht das Nachbarbaby am eigenen Babyfon zu empfangen. Prinzipiell ist die Sendeleistung solcher Geräte sehr gering und daher die Reichweite nicht besonders groß. Außerdem haben Geräte, die zusammen verkauft werden, eine eindeutige Kennung („Tonfolge“), die bei der Übertragung mitgeschickt wird. Nur Signale vom Partnergerät werden dann durchgestellt (CTCSS). So teilen sich verschiedene Benutzergruppen ein und dieselbe Sendefrequenz, ohne sich zu stören.
13.19.9 Amateurfunk
Bist du an Funktechnik interessiert und möchtest Funk als Hobby betreiben, dann kannst du um eine Amateurfunkbewilligung (engl. amateur radio license) ansuchen. Nach dem Ablegen einer Prüfung erhältst du eine weltweit eindeutige Funkkennung (Rufzeichen). Jetzt darfst du sogar Funkgeräte selbst bauen und modifizieren.
Damit sich Funkamateurinnen und Funkamateure über Landesgrenzen hinweg per Funk austauschen können (Bild 13.234), sind weltweit einheitliche Amateurfunkbänder in den Frequenzplänen vorgesehen (zum Beispiel im Frequenzbereich \(144–146\;\mathrm{MHz}\)).
Links:
- Webseite: Amateurfunk Interessenvertretung in Österreich
- Webseite: Bundesnetzagentur / Amateurfunk
- Webseite: Organisation der Schweizer Radioamateure