6.1 Frühe Weltbilder

Blick hinter die Himmelkuppel (Quelle)

Bild 6.2: Blick hinter die Himmelkuppel (Quelle)

Der Nachthimmel mit seinen tausenden, mit freiem Auge erkennbaren Lichtpunkten, dürfte schon die frühesten Menschen fasziniert haben. Doch alle Himmelsobjekte sind in Bewegung und nicht jeden Tag an derselben Stelle zu sehen. Aus diesen Beobachtungen entwickelten die Menschen unterschiedliche Modelle (Bild 6.2), mit dem Ziel, wiederkehrende Ereignisse wie zum Beispiel die Jahreszeiten vorherzusagen. Die Planung der Aussaat war für landwirtschaftliche Kulturen lebenswichtig (zum Beispiel der Eintritt der Nilschwemme in Ägypten). Meist waren damit auch religiöse Deutungen der Himmelsphänomene und ihrer möglichen Ursachen verbunden.

6.1.1 Bestimmung des Erdumfangs

Auch wenn es zu allen Zeiten vereinzelt Verfechter einer Erde in der Gestalt einer kreisrunden Scheibe gab, gingen die meisten Menschen spätestens seit der Antike von der Kugelgestalt der Erde aus. Einer davon war der griechische Gelehrte Eratosthenes von Kyrene (ca. 200 v. d. Z.), der den Umfang der Erdkugel durch Messung und Berechnung abschätzte.

Illustration der Berechnung des Erdumfangs

Bild 6.3: Illustration der Berechnung des Erdumfangs

Das Verfahren des Eratosthenes zur Bestimmung des Erdumfangs setzt parallel einfallende Sonnenstrahlen voraus (Bild 6.3). Aus der Winkeldifferenz gleichzeitig gemessener Schatten an zwei unterschiedlichen Orten auf der Erde (Alexandria und Syene beide rund 5.000 Stadien (ca. \(800\;\mathrm{km}\)) voneinander entfernt) konnte er den Erdumfang über das Verhältnis

\[ U_{\text{Erde}}:800\;\mathrm{km} = 360^\circ:7^\circ \]

auf \(40.000\;\mathrm{km}\) abschätzen. Dieser Wert ist ziemlich genau. Der tatsächliche Wert liegt zwischen \(40.075{,}017\;\mathrm{km}\) (Äquatorumfang) und \(40.007{,}863\;\mathrm{km}\) (Polumfang).

6.1.2 Geozentrisches Weltbild

Das geozentrische Weltbild (engl. geocentric model) basiert auf der Annahme, dass der Mensch die zentrale Rolle im Universum einnimmt. Entsprechend befindet sich die Erde (gr. geo) im Zentrum des Universums. Eine ausführliche Beschreibung dieses Weltbildes findet sich zum Beispiel in den Werken des griechischen Gelehrten Aristoteles (ca. 350 v. d. Z.).

Geozentrisches Weltbild im Mittelalter

Bild 6.4: Geozentrisches Weltbild im Mittelalter

In diesem Weltbild umkreisen alle Himmelskörper (Mond, Sonne, die Planeten und die Fixsterne) die Erde auf Kugelschalen. Dieses einfache geozentrische Modell scheitert aber bereits bei der Beschreibung von Planetenbahnen mit Schleifen, wie zum Beispiel der Marsbahn (Bild 6.5).

Scheinbare Bewegung des Planeten Mars

Bild 6.5: Scheinbare Bewegung des Planeten Mars

Um auch die Bahnen der Planeten exakt beschreiben zu können, entwickelte der griechische Gelehrte Ptolemäus (ca. um 100) die Epizykeltheorie und verbesserte das Modell des geozentrischen Weltbildes. Nach dieser Theorie bewegen sich die Planeten auf kleinen Kreisbahnen (Epizykel), deren Mittelpunkte sich auf größeren Kreisbahnen (Deferenten) um die Erde bewegen (Bild 6.6).

Schleifenbahn eines Planeten nach der Epizykeltheorie

Bild 6.6: Schleifenbahn eines Planeten nach der Epizykeltheorie

Das so verbesserte Modell des geozentrischen Weltbildes heißt auch Ptolemäisches Weltbild und war rund 1300 Jahre in Verwendung.

6.1.3 Heliozentrisches Weltbild

Das heliozentrische Weltbild (engl. heliocentric model) geht von der Sonne (gr. helios) im Zentrum des Universums aus. Entsprechend werden in diesem Modell alle Bewegungen der restlichen Himmelskörper (Mond, Erde, die anderen Planeten und die Fixsterne) relativ zur Sonne beschrieben.

Obwohl bereits in der Antike die Hypothese eines heliozentrischen Weltbildes überliefert ist (Aristarchos von Samos (ca. 300 v. d. Z.) erhielt das Modell erst im 16. Jahrhundert wieder Beachtung.

Um 1550 veröffentlichte Nikolaus Kopernikus seine Ideen eines heliozentrischen Weltbildes. Darin wird die Bewegung der Sterne durch die Drehung der Erde und die Planetenbahnen als Kreisbahnen um die Sonne beschrieben. In diesem Modell lassen sich die Schleifenbahnen der Planeten auf einfache Weise ohne die Hilfe von Epizyklen beschreiben. In Bild 6.7 siehst du, wie die Schleifenbewegung des Mars dadurch entsteht, dass der Mars (Punkte \(M_x\)) von der Erde (Punkte \(T_x\)) innen überholt wird.

Rückläufige Planetenbewegung nach dem heliozentrischen Weltbild

Bild 6.7: Rückläufige Planetenbewegung nach dem heliozentrischen Weltbild

Das um 1600 erfundene Fernrohr ermöglichte Galileo Galilei die Entdeckung der vier größten Monde des Jupiters (die sogenannten Galilei’schen Monde). Diese Entdeckung ließ weiter an der Sonderstellung der Erde und des Menschen im Universum zweifeln.

Trotz des Widerstands der katholischen Kirche setzte sich das heliozentrische Weltbild in der Wissenschaft der westlichen Welt rasch durch (Kopernikanische Wende).

6.1.4 Sonnen- und Sterntag

Als eine Stunde ist der 24. Teil eines Tages festgelegt. Dadurch, dass sich die Erde dreht und gleichzeitig um die Erde bewegt, gibt es in der Astronomie zwei unterschiedliche Definitionen von „Tageslänge“:

  • Sterntag (engl. sidereal day): Das ist die Dauer eines Tages, bis die Sternbilder in der darauf folgenden Nacht an derselben Stelle sind. Das entspricht der tatsächlichen Rotationsperiode der Erde (Bild 6.8 1-2).

  • Sonnentag (engl. solar day): Das ist die Zeitspanne zwischen zwei aufeinander folgender Sonnenhöchstständen. Da sich die Erde zusätzlich um die Sonne bewegt, braucht es eine Drehung größer als \(360^\circ\), um genau wieder auf die Sonne zu zeigen (Bild 6.8 1-3). Entsprechend ist ein Sonnentag rund 4 Minuten länger als ein Sterntag.

Vergleich Sonnen- und Sterntag

Bild 6.8: Vergleich Sonnen- und Sterntag

6.1.5 Aktuelles Weltbild

Es ist zwar eleganter, die zeitweise rückläufige Bewegung einiger Planeten auf die Eigenbewegung eines Körpers um die Sonne zu erklären (heliozentrische Weltbild), als die durch mehrere Kreisbewegungen zusammengesetzte Bewegung aller Planeten (geozentrische Weltbild). Trotzdem sind beide Modelle gültige geometrischen Beschreibung der Planetenbewegung – und die Entscheidung eigentlich Geschmackssache.

Nach der Entdeckung des Gravitationsgesetzes war die Ursache für die Bewegung der Himmelskörper bekannt und es gab einen physikalischen Grund, warum die Beschreibung durch das heliozentrische Weltbild korrekter ist.

Durch das Gravitationsgesetz wurde aber auch klar, dass die Sonne ebenfalls nicht still stehen kann. Neben der Bewegung um das Baryzentrum unseres Sonnensystems umkreist sie das Zentrum unserer Galaxis (die Milchstraße) (Bild 6.9).

Position der Sonne in unserer Galaxie

Bild 6.9: Position der Sonne in unserer Galaxie

Im Universum gibt es keinen ausgezeichneten Punkt. Alle Bewegungen von Körpern können immer nur relativ zu einem anderen Objekt beschrieben werden.

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