15.11 Rotorflug
Sogenannte „Drehflügler“ sind Luftfahrzeuge, bei denen mindestens ein, um eine senkrechte Achse drehender, Rotor für den Auftrieb sorgt.
Bereits 1490 skizzierte der als Universalgenie geltende Leonardo da Vinci ein schraubenartiges Fluggerät, das an einen heutigen Hubschrauber erinnert (Bild 15.95).
Es sollte aber noch bis zu den 1930er-Jahren dauern, bis zuverlässige Drehflügler entwickelt wurden.
Das Vorbild stammte vermutlich auch hier aus der Natur: Die Flügelsamen des Ahorns zum Beispiel nutzen das Prinzip der Autorotation für ihren Flug.
In diesem Kapitel wirst du erfahren, wie der Auftrieb und die Steuerung von Hubschraubern funktionieren.
15.11.1 Hauptrotor
Hubschrauber haben einen waagrecht drehenden Rotor, auf dem zwei oder mehr Rotorblätter angebracht sind. Jedes Rotorblatt wirkt wie eine Tragfläche und erzeugt Auftrieb.
Der Hauptrotor gestattet es einem Hubschrauber an einem Punkt über dem Boden zu schweben (Bild 15.96). Durch Änderung der Drehzahl dieses Rotors kann ein Hubschrauber steigen und sinken.
15.11.2 Heckrotor
Sobald ein Hubschrauber in der Luft ist, bewirkt die Drehimpulserhaltung, dass sich Rotor und Rumpf in entgegengesetzte Richtungen drehen. Um einen geraden Kurs zu halten, wird ein Gegendrehmoment benötigt. Es gibt mehrere Möglichkeiten, dieses Gegendrehmoment zu erzeugen:
- ein kleiner senkrecht rotierender Heckrotor
- zwei gegenläufig drehende, übereinander liegende Hauptrotoren (Koaxialrotor)
- zwei gegenläufig drehende, hintereinander (Tandemhubschrauber) oder nebeneinander (Transversale Rotoren) liegende Hauptrotoren (Bild 15.97)
- eine Steuerdüse am Heck (NOTAR)
Durch Änderung der Drehzahl des Heckrotors kann ein Hubschrauber den Rumpf nach links oder rechts drehen, ohne seine Position zu verändern.
15.11.3 Taumelscheibe
Damit ein Hubschrauber nach vorne, nach hinten und zur Seite fliegen kann, befindet sich am Hauptrotor eine sogenannte Taumelscheibe (engl. swashplate). Sie gestattet einerseits für alle Rotorblätter den gleichen Anstellwinkel einzustellen (kollektive Blattverstellung). Andererseits kann der Anstellwinkel für eine bestimmte Position relativ zum Rumpf (zum Beispiel das Heck) fix einstellt werden (zyklische Blattverstellung). Jedes Rotorblatt nimmt dann denselben Anstellwinkel ein, wenn es am Heck vorbeidreht (Animation 15.98).
Um zum Beispiel nach vorne zu fliegen, kippt der Pilot die Taumelscheibe nach hinten. Dadurch wird heckseitig der Anstellwinkel vergrößert und damit der Auftrieb dort erhöht. Der Hubschrauber kippt nach vorne und fliegt in diese Richtung.
Links:
15.11.4 Steuerung eines Hubschraubers
In Bild 15.99 siehst du das Cockpit eines Hubschraubers.
- Mit dem Hebel links (rot) (engl. collective) wird die Drehgeschwindigkeit des Hauptrotors geregelt (steigen/sinken).
- Mit den Pedalen (grün) (engl. pedals) wird die Drehgeschwindigkeit des Heckrotors gesteuert (Rumpf links/rechts drehen – „gieren“).
- Mit dem Steuerknüppel (blau) (engl. cyclic) wird die Taumelscheibe in die entsprechende Richtung gekippt (kippen des Hubschraubers in die entsprechende Richtung – „nicken“).
15.11.5 Quadrokopter
Kleine ferngesteuerte Flugdrohnen besitzen statt einem Heckrotor mehrere gleichwertige Rotoren. Der Quadrokopter in Bild @ref(fig:15.100) besitzt vier Hauptrotoren. Damit heben sich die Drehmomente aufheben, müssen sich benachbarte Rotoren in entgegengesetzte Richtungen drehen.
Alle Rotoren beim Quadrokopter haben eine fixe Achse und besitzen einen fixen Anstellwinkel (und benötigen daher keine Taumelscheibe). Gesteuert wird nur über die Drehzahl der einzelnen Rotoren!
- Um zu sinken oder zu steigen, wird bei allen Rotoren die Drehzahl verringert oder erhöht.
- Um den Quadrokopter nach vorne zu senken („nicken“), wird die Drehzahl der beiden hinteren Rotoren erhöht, wodurch der Auftrieb am Heck größer wird.
- Beim „Gieren“ des Quadrokopters um die Vertikalachse wird die Drehzahl entweder aller links- oder aller rechtsdrehenden Rotoren erhöht.
Flugdrohnen sind ein tolles Hobby, aber Vorsicht: In den meisten Ländern der Welt dürfen nur Spielzeugdrohnen ohne Lizenz geflogen werden. In der Europäischen Union sind zum Beispiel alle Flugdrohnen über \(250\;\mathrm{g}\) Genehmigungspflicht! Für manche Drohnen benötigst du außerdem einen Drohnenführerschein. Bitte erkundige dich ab besten vor dem Kauf über die in deinem Land geltenden Regeln.