11.8 Farben
Du hast sicher schon einmal einen Regenbogen im Freien gesehen. Vielleicht war er sogar so spektakulär wie der Regenbogen in Bild 11.67.
In diesem Kapitel erfährst du, was in der Physik als Farbe verstanden wird, wie ein Regenbogen entsteht, aus wie vielen Farben er besteht und warum wir überhaupt Farben sehen können.
Links:
- App: Farbwahrnehmung
11.8.1 Definition von Farbe
In der Physik ist Farbe so definiert:
Eine bestimmte Farbe ist Licht einer bestimmten Wellenlänge. |
So entspricht Licht mit der Wellenlänge \(660\;\mathrm{nm}\) einem ganz bestimmten Rot-Ton, \(520\;\mathrm{nm}\) einem ganz bestimmten Grün-Ton und \(445\;\mathrm{nm}\) einem ganz bestimmten Blau-Ton (Bild 11.68).
Ein Laser ist die einzige Lichtquelle, die Licht nur eine einzige Farbe – daher einer einzigen Wellenlänge – erzeugt. Licht einer Farbe wird monochromatisches Licht genannt.
11.8.2 Farbspektrum
Unsere Augen können Licht nur in einem bestimmen Wellenlängenbereich wahrnehmen. Dieser Bereich liegt ungefähr zwischen \(380\;\mathrm{nm}\) bis \(750\;\mathrm{nm}\) (Bild 11.69).
Wie viele Farben sind in dem Spektrum enthalten? Da die Wellenlänge eine kontinuierliche Größe ist, lautet die Antwort: unendlich. Das Farbspektrum wird daher grob in sechs Farbbereiche eingeteilt:
- Violett (V)
- Blau (B)
- Grün (G)
- Gelb (Y)
- Orange (O)
- Rot (R)
Im Farbspektrum gibt unendlich viele Farben, aber wie viele Farben kann ein Mensch unterscheiden? Die Universität Mannheim hat herausgefunden, dass normalsichtige Menschen etwa 200 Farb-Töne unterscheiden können.
Unsichtbares Licht mit Wellenlängen größer als \(750\;\mathrm{nm}\) wird über unsere Haut als Wärme wahrgenommen. Dieser Bereich wird Infrarot („unterhalb von Rot“) (engl. infrared) genannt.
Unsichtbares Licht mit Wellenlängen kleiner als \(380\;\mathrm{nm}\) heißt Ultraviolett („jenseits von Violett“) (engl. ultraviolet). Bis du längere Zeit ultraviolettem Licht ausgesetzt, bekommst du einen Sonnenbrand.
11.8.3 Unbunte „Farben“
Die sogenannten „unbunten Farben“ wie Weiß, Grau oder Schwarz sind physikalisch gesehen keine Farben. Weiß, zum Beispiel, besteht aus Licht unterschiedlicher Wellenlängen. Trifft ein weißer Lichtstrahl auf ein optisches Prisma, wird er in seine Farbbestandteile zerlegt (Bild 11.70).
Im Vakuum ist die Lichtgeschwindigkeit für alle Farben gleich groß, aber im Medium breitet sich bläuliches Licht langsamer aus als rötliches Licht. Damit ist der Brechungsindex für bläuliches Licht größer als der für rötliches Licht (Bild 11.71) und die bläulichen Farbanteile werden stärker gebrochen als die rötlichen.
Grau-Töne entstehen durch weißes Licht geringer Intensität und Schwarz ist physikalisch – wie du aus dem Kapitel Schatten weißt – das Fehlen von Licht.
11.8.4 Entstehung eines Regenbogens
Damit ein Regenbogen entstehen kann, müssen Sonnenstrahlen auf Wassertropfen treffen. Durch Lichtbrechung wird das weiße Sonnenlicht – wie beim Glasprisma – in seine Farbbestandteile aufgefächert (Bild 11.72).
Auf der Rückseite wird ein Teil des Lichts reflektiert und verlässt nach einer zweiten Brechung auf der Vorderseite wieder den Tropfen. Damit dich das Licht des Regenbogens erreicht, musst du mit dem Rücken zur Sonne stehen (Beachte den Schatten des Fotografen in Bild 11.67).
Interessanterweise wird ein Regenbogen oft von einem zweiten lichtschwächeren Regenbogen mit umgekehrter Farbreihenfolge ( Nebenregenbogen (engl. secondary rainbow)) begleitet. In Bild 11.73 kannst du ganz rechts die Tropfen erkennen, die den primären Regenbogen erzeugen. Die Tropfen links daneben zeigen, wie der Nebenregenbogen entsteht: Das Licht wird zweimal hintereinander reflektiert und tritt dann erst aus dem Tropfen aus. Beachte, dass sich bei jeder Reflexion die Farben umkehren!
Links:
- Applet: Lichtbrechung | Prismen
11.8.5 Farbsehen
Um zu verstehen, wie wir Farben sehen, ist es wichtig, den Aufbau unserer Netzhaut im hinteren Bereich unseres Auges zu kennen. Auf der Retina befinden sich zwei Arten von lichtempfindlichen Zellen: die sogenannten Stäbchen (engl. rods) und die Zapfen (engl. cones). Während die Stäbchen für das Helligkeitssehen zuständig sind, ermöglichen es uns die Zapfen, Farben zu erkennen. Wir besitzen etwa 6 Millionen Zapfen und 125 Millionen Stäbchen. Bei schwachem Licht können wir zwar Umrisse noch deutlich erkennen, aber keine Farben mehr – in der Nacht erscheinen uns tatsächlich alle Katzen grau. Menschen besitzt drei unterschiedliche Zäpfchen, die zufällig auf der Netzhaut verteilt sind. Jede Sorte von Zäpfchen ist für unterschiedliche Wellenlängen unterschiedlich empfindlich (Bild 11.74).
Zapfen für den Rotbereich (maximale Empfindlichkeit für die Lichtwellenlänge \(564\;\mathrm{nm}\))
Zapfen für den Grünbereich (maximale Empfindlichkeit für die Lichtwellenlänge \(534\;\mathrm{nm}\))
Zapfen für den Blaubereich (maximale Empfindlichkeit für die Lichtwellenlänge \(420\;\mathrm{nm}\))
Fällt Licht mit der Wellenlänge \(520\;\mathrm{nm}\) in unser Auge, werden die Zapfen für den Rotbereich zu \(75\,\%\) angeregt, die Zapfen für den Grünbereich zu \(95\,\%\) und die Zäpfchen für Blaubereich nur zu \(5\,\%\). Dieses Verhältnis löst in unserem Gehirn die Farbempfindung eines satten Grüns aus.
Einige Tiere wie zum Beispiel einige Insekten oder Fische besitzen sogar vier Arten von Zapfen (Tetrachromat). Sie können „Farben“ im für uns Menschen unsichtbaren UV-Bereich sehen.
11.8.6 Farbenfehlsichtigkeit
Eines vorweg: Jeder von uns sieht Farben anders! Warum? Weil jeder von uns eine andere Anzahl an roten, grünen und blauen Zäpfchen auf seiner Netzhaut hat. Das ist aber kein Problem. Deine Eltern zeigen auf den Himmel und sagen: „Der Himmel ist blau“ und so hast du gelernt dem Sinneseindruck, den ein wolkenloser Himmel auf deiner Netzhaut hinterlässt „blau“ zu sagen (obwohl auf der Netzhaut deiner Eltern mit Sicherheit ein geringfügig anderer Sinneseindruck erzeugt wird).
Farbenfehlsichtigkeit (umgangssprachlich oft als „Farbenblindheit“ bezeichnet) tritt bei rund \(5\,\%\) der Bevölkerung auf (und meistens sind davon Männer betroffen). Es gibt unterschiedliche Arten von Farbenfehlsichtigkeit, die häufigste ist die Rot-Grün-Sehschwäche. Betroffene können dann bestimmte Rot- und Grün-Töne schlechter als Normalsichtige unterscheiden. Zum Beispiel erkennen Personen mit Rot-Grün-Sehschwäche in Bild 11.75 eine 17, Normalsichtige erkennen auch eine 47.
Die Rot- und Grün-Töne von Verkehrsampeln sind bewusst so gewählt, dass auch Personen mit Rot-Grün-Sehschwäche sie gut unterscheiden können. Personen, die überhaupt keine Farben sehen können – also wirklich farbenblind sind, – gibt es auch. Echte Farbenblindheit kommt glücklicherweise nur sehr, sehr selten vor.