14.15 Dampf- und Gasturbinen

In Bild 14.108 siehst du das Triebwerk eines Kampfjets bei einem Test.

Triebwerk einer McDonnell Douglas F-15

Bild 14.108: Triebwerk einer McDonnell Douglas F-15

Gasturbinen – zu denen auch die Triebwerke von Flugzeugen gehören – sind ein wahres Wunderwerk der Technik. Hättest du gedacht, dass die Entwicklung eines neuen Triebwerks für den Luftverkehr mehrere Milliarden Euro kostet? Kein Wunder, dass es weltweit nur eine Handvoll Unternehmen gibt, die sie entwickeln und herstellen.

In diesem Kapitel beschäftigen wir uns mit Wärmekraftmaschinen, die ohne Kolben Wärme in Bewegungsenergie umsetzen.

14.15.1 Dampfturbine

Im Gegensatz zu einer Dampfmaschine wandelt eine Dampfturbine (engl. steam turbine) die Energie aus Wasserdampf direkt in eine Drehbewegung um. Die Bezeichnung wurde von Claude Burdin geprägt und leitet sich vom lateinischen Verb turbare für „drehen“ ab. Dampfturbinen werden heute noch verwendet, um die in Wärme- und Kernkraftwerken freigesetzte Wärmeenergie in elektrische Energie umzuwandeln.

Turbinenschaufeln eines Dampfturbinenläufers

Bild 14.109: Turbinenschaufeln eines Dampfturbinenläufers

Wasserdampf tritt bei hoher Temperatur und hohem Druck in die Dampfturbine ein. Dieser passiert wiederholt abwechselnd einen Kranz von Leitschaufeln (fix montiert) und einen Kranz von Läuferschaufeln (können sich drehen, Bild 14.110). Strömt der Dampf entlang der Leitschaufeln, wird keine Arbeit verrichtet, aber das heiße Gas wird so umgelenkt, dass es unter optimalem Winkel auf die Läuferschaufeln trifft. Wird der Dampf an den Schaufeln des Laufrades umgelenkt, bewirkt die Impulsänderung des Dampfes eine entgegengesetzte Impulsänderung der Läuferschaufeln. Es wirkt also eine Kraft, die den Turbinenläufer in Bewegung versetzt. Die Wasserdampfmoleküle verlieren an Bewegungsenergie, und der Turbinenläufer gewinnt an Bewegungsenergie.

Abwechselnde Anordnung von fixen (grau) und beweglichen Schaufelkränze (blau) in einer Dampfturbine

Bild 14.110: Abwechselnde Anordnung von fixen (grau) und beweglichen Schaufelkränze (blau) in einer Dampfturbine

Die zunehmende adiabatische Expansion des Dampfes erhöht die Geschwindigkeit der Gasteilchen. Daher nimmt der Durchmesser der Turbine gegen Ende zu, um den Druck des Gases zu senken und die Dampfgeschwindigkeit beim Durchgang durch die Turbine annähernd konstant zu halten. Eine Dampfturbine besitzt viele Stufen, um die Geschwindigkeitsabnahme des Gases bei jedem Schaufelkranz möglichst gering zu halten.

Der Wirkungsgrad von modernen Dampfturbinen liegt bei ungefähr \(40\,\%\).

14.15.2 Clausius-Rankine-Kreisprozess

Die Dampfturbine arbeitet nach dem Modell des nach Rudolf Clausius und William John Macquorn Rankine benannten Clausius-Rankine-Kreisprozesses (engl. Rankine cycle).

Clausius-Rankine-Kreisprozess im p-V-Diagramm

Bild 14.111: Clausius-Rankine-Kreisprozess im p-V-Diagramm

Dieser Kreisprozess besteht aus folgenden vier Takten (Bild 14.111):

  1. Adiabatische Kompression (A-B). Da sich das System in der flüssigen Phase befindet, kommt es bei der Kompression zu (fast) keiner Volumenänderung.
  2. Isobare Wärmezufuhr im Dampfkessel. Dabei wird das Wasser zunächst bis zum Verdampfungspunkt erwärmt, verdampft und wird schließlich noch weiter erwärmt (Überhitzung) (B-C).
  3. Adiabatische Expansion des Dampfes in der Turbine (C-D).
  4. Isobare Kondensation des Dampfes im Kondensator durch Kühlung mittels eines Kühlwasserkreislaufes (Die Isobare verläuft im Nassdampfgebiet isotherm) (D-A).

14.15.3 Turbinen-Strahltriebwerk

Turbinen-Strahltriebwerke („Düsentriebwerk“, engl. jet engine) werden als Antrieb für Flugzeuge und Hubschrauber verwendet. Dabei handelt es sich im Prinzip um eine Gasturbine, bei der Kraftstoff verbrannt wird, um (mechanische) Arbeit zu erhalten. Die Rückstoßwirkung des erzeugten Luft- und Abgasstromes sorgt für den Vortrieb.

Triebwerk eines Airbus A350

Bild 14.112: Triebwerk eines Airbus A350

Bei zivilen Flugzeugen wird heute fast ausschließlich das Mantelstromtriebwerk (engl. Turbofan) verwendet (Bild 14.112), da es bei üblichen Reisegeschwindigkeiten zwischen \(600\;\mathrm{km/h}\) und \(850\;\mathrm{km/h}\) sehr wirtschaftlich und lärmarm ist. Daher erklären wir diesen Turbinen-Typ beispielhaft für Turbinen-Strahltriebwerke.

Aufbau eines Mantelstromtriebwerks

Bild 14.113: Aufbau eines Mantelstromtriebwerks

Wie du in Bild 14.113 am Aufbau eines Mantelstromtriebwerks sehen kannst, teilt sich der Luftstrom in zwei Teile:

  • ein innerer Luftstrom (Kernstrom sorgt für rund \(20\,\%\) des Vortriebs) und
  • ein äußerer Luftstrom (Mantelstrom oder Bypass sorgt für rund \(80\,\%\) des Vortriebs)

der den Kernstrom umgibt.

Der erste Kranz mit Schaufeln (Bläser, engl. fan) hat im Prinzip die Aufgabe eines Propellers und beschleunigt die Umgebungsluft nach hinten. Der zur Brennkammer geleitete Luftstrom wird zunächst durch weitere Kränze verdichtet (komprimiert). In der danach folgenden Brennkammer wird Kraftstoff (Kerosin) in die verdichtete Luft eingespritzt und nach einmaliger Zündung fortlaufend verbrannt. Temperatur und Druck steigen und führen zu einer Beschleunigung des Kernstroms. Nach der Brennkammer befindet sich die Turbine, die einen Teil der Bewegungsenergie des Kernstroms (rund \(50\,\%\)) verwendet, um den Verdichter und den Fan anzutreiben. Die restliche kinetische Energie des Kernstroms unterstützt den Vortrieb.

Links:

14.15.4 Gasturbine

Schon Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Stirlingmotor entwickelt, der für den Betrieb nur heiße Luft, aber keinen Dampf benötigt. Luft hat gegenüber Dampf den entscheidenden Vorteil, dass sie auf sehr hohe Temperaturen gebracht werden kann, ohne dass dabei auch gefährlich hohe Drücke entstehen. Auch wenn der Stirlingmotor aufgrund seines niedrigen Wirkungsgrads keine Konkurrenz für die Dampfmaschine war, zeigte er, dass Wärmekraftmaschinen prinzipiell auch ohne Dampf funktionieren.

In einer Gasturbine (engl. gas turbine) wird Luft zunächst stark komprimiert, dann in einer Brennkammer mit Kraftstoff vermischt und verbrannt. Die heißen Gase aus der Verbrennung treiben dann direkt einen Generator an. Gegenüber der Dampfturbine hat sie den Vorteil, dass keine dampfverarbeitenden Einrichtungen (wie Wärmetauscher, Kessel oder Kühltürme) benötigt werden. Daher sollte sie theoretisch einfacher zu bauen sein. Bis die ersten Gasturbinen in Gaskraftwerken tatsächlich zur Anwendung kamen, sollte es aber noch rund 100 Jahre dauern. Während bei der Dampfturbine nur etwa \(1\,\%\) der gewonnenen mechanischen Energie für die Pumpe aufgewendet werden muss, werden bei der Gasturbine rund \(50\,\%\) der mechanischen Energie zum Antrieb des Verdichters benötigt. Reibung und andere Verluste wirken sich daher bei Gasturbinen wesentlich stärker aus. Die ersten in der Praxis eingesetzten Gasturbinen waren daher Flugzeugtriebwerke. Hier stand nicht der Wirkungsgrad im Vordergrund, sondern die Vorteile gegenüber dem Propellerantrieb (größere Flughöhen und Geschwindigkeiten).

Gasturbine in einem Gaskraftwerk

Bild 14.114: Gasturbine in einem Gaskraftwerk

Erst die Fortschritte in der Luftfahrttechnik führten in den 1960er Jahren schließlich zur Entwicklung von konkurrenzfähigen Gasturbinen in Kraftwerken (14.114). Moderne Gasturbinen erreichen einen Wirkungsgrad von über \(40\,\%\). Gaskraftwerke – ebenso wie Flusskraftwerke – sind „schwarzstartfähig“. Sie können mit nur wenig Energie gestartet werden und sind in der Lage, nach einem großflächigen Stromausfall („black out“) die Stromversorgung wieder herzustellen.

Links:

14.15.5 Joule-Kreisprozess

Alle Gasturbinen arbeiten nach dem Modell des Joule-Kreisprozesses (engl. Brayton cycle; benannt nach James Prescott Joule).

Joule-Kreisprozess im p-V-Diagramm

Bild 14.115: Joule-Kreisprozess im p-V-Diagramm

Der Joule-Kreisprozess besteht aus den folgenden vier Prozessschritten (Bild 14.115):

  1. Schritt: adiabatische (isentrope) Kompression
  2. Schritt: isobare Wärmezufuhr
  3. Schritt: adiabatische (isentrope) Expansion
  4. Schritt: isobare Wärmeabfuhr

Er unterscheidet sich vom Clausius-Rankine-Kreisprozess der Dampfturbine hauptsächlich dadurch, dass es zu keiner Phasenumwandlung kommt und sich die Arbeitssubstanz immer im gasförmigen Zustand befindet.

Beim Clausius-Rankine-Kreisprozess erfolgt die Verdichtung mit einer Flüssigkeit, während bei einem Joule-Kreisprozess ein Gas verdichtet wird. Obwohl es wesentlich mehr Arbeit erfordert, den Druck eines Gases zu erhöhen als den einer Flüssigkeit, erreichen moderne Dampfturbinen und Gasturbinen einen vergleichbaren Wirkungsgrad. Der Grund liegt in der wesentlich höheren Arbeitstemperatur: Während Dampfturbinen bei Temperaturen von rund \(600\;^\circ\mathrm{C}\) betrieben werden, arbeiten Gasturbinen bei Temperaturen von bis zu \(2000\;^\circ\mathrm{C}\).

14.15.6 Raketentriebwerk

Bei einem Raketentriebwerk (engl. rocket engine) wird Treibstoff zusammen mit Sauerstoff in eine Brennkammer eingeleitet und dort verbrannt. Das Ende der Brennkammer bildet eine sogenannte Lavaldüse (engl. Laval nozzle). Die Form der Lavaldüse (Bild 14.116) ist so gewählt, dass die ungeordnete Bewegung der Gasteilchen möglichst gut in die geordnete Bewegung des Gasstrahls umgewandelt wird. Ist die Form und Größe der Düse auf den Verbrennungsvorgang optimal abgestimmt, verlässt der Gasstrahl geradlinig die Brennkammer.

Raketenmotor mit Lavaldüse

Bild 14.116: Raketenmotor mit Lavaldüse

Da im Weltall kein Sauerstoff vorhanden ist, müssen Raketen neben dem Kraftstoff auch den für die Verbrennung notwendigen Sauerstoff (üblicherweise in flüssiger Form) in Tanks mit sich führen.

Verfasst von Menschen, nicht von KI Creative Commons / Namensnennung-Share Alike 4.0
Durch die Nutzung dieser Website erklärst du dich mit der Datenschutzerklärung einverstanden.