14.6 Transport von Wärme

Bisher haben wir immer nur davon gesprochen, dass Wärme von einem thermodynamischen System auf ein anderes übergeht, ohne konkret auf die Mechanismen einzugehen. Mit einer Wärmebildkamera lässt sich Wärmestrahlung veranschaulichen (Bild 14.41).

Thermografisches Bild einer Lokomotive

Bild 14.41: Thermografisches Bild einer Lokomotive

Was das genau ist und welche weiteren Möglichkeiten es für den Transport von Wärme gibt, erfährst du in diesem Kapitel.

14.6.1 Wärmeleitung

Die Wärmeleitung (engl. heat conduction) ist eine mikroskopische Übertragung von Wärme. Energiereichere Moleküle übertragen Innere Energie (ungeordnete Bewegungsenergie) durch Stöße auf energieärmere Moleküle in ihrer Umgebung. Auf diese Weise breitet sich die Temperatur mit der Zeit auf alle Stellen des Körpers aus. Die Moleküle selbst bleiben dabei aber an Ort und Stelle.

Beispiel Wärmeleitung

Bild 14.42: Beispiel Wärmeleitung

In Bild 14.42 siehst du ein Beispiel für Wärmeleitung. Der Pfeil zeigt die Richtung der Wärmeausbreitung. Ein weiteres Beispiel ist die Messung der Körpertemperatur mit einem Quecksilber-Fieberthermometer. Befindet sich das Thermometer unter der Achsel, muss zunächst die Messspitze durch Wärmeleitung Körpertemperatur annehmen. Ebenfalls durch Wärmeleitung wird die Temperatur der Messspitze auf das Quecksilber übertragen, das sich dann ausdehnt.

Wie gut oder schlecht ein Körper Wärme leitet, ist materialabhängig. So ist ein Kochlöffel üblicherweise aus Holz, weil er Wärme schlechter leitet als Metall. Die Fähigkeit, Wärme zu leiten, wird durch die Wärmeleitfähigkeit (engl. thermal conductivity) eines Stoffes beschrieben. In Metallen transportieren die freien Elektronen neben Ladung auch Wärmeenergie, daher ist die Wärmeleitfähigkeit von Metallen größer als die von nicht-leitenden Materialien wie Holz oder Kunststoff. Gase sind die schlechtesten thermischen Leiter. Ein schlecht wärmeleitender Stoff wird auch Wärmeisolator (engl. thermal insulator) genannt. Der beste Wärmeisolator ist Vakuum.

14.6.2 Wärmestrom

Wandstück der Fläche \(A\) und der Dicke \(d\)

Bild 14.43: Wandstück der Fläche \(A\) und der Dicke \(d\)

Befindet sich vor und hinter einer Mauer eine konstante Temperatur (\(T_1\) und \(T_2\)) (Bild 14.43), lässt sich die geleitete Wärme in der Zeit \(t\) mit der Formel

\[\begin{equation} Q = \frac{k\cdot A\cdot \Delta T\cdot t}{d} \tag{14.12} \end{equation}\]

ausrechnen. Dabei ist:

  • \(Q\), die geleitete Wärme (\(\mathrm{J}\))
  • \(\Delta T\), die Temperaturdifferenz \((T_1-T_2)\) zwischen Außen- und Innenseite der Wandoberfläche (\(\mathrm{K}\))
  • \(A\), die Fläche der Wand (\(\mathrm{m^2}\))
  • \(d\), die Dicke der Wand (\(\mathrm{m}\))
  • \(t\), die betrachtete Zeit (\(\mathrm{s}\))
  • \(k\), die Wärmeleitfähigkeit der Wand (\(\mathrm{W}\cdot \mathrm{m}^{-1}\cdot \mathrm{K}^{-1}\))

Beachte: In dieser Formel kommt nur die Temperaturänderung vor. Es ist also egal, ob du die Anfangs- und Endtemperatur in Grad Celsius oder Kelvin einsetzt.

In Analogie zum elektrischen Strom wird die geleitete Wärme pro Sekunde als Wärmestrom (engl. heat current) und der Ausdruck

\[ R_{th} = \frac{\Delta T\cdot t}{Q} \]

als Wärmewiderstand (engl. thermal resistance) bezeichnet.

14.6.3 Temperaturempfindlich der Haut

Deine Hautoberfläche und dort vor allem deine Lippen sind temperaturempfindlich. Das warnt dich vor heißen Oberflächen und hilft dir, schwere Verbrennungen zu vermeiden. Obwohl du die Empfindungen „kalt“ und „warm“ unterscheiden kannst (Bild 14.44), ist deine Haut trotzdem ein schlechtes Thermometer!

Wassertemperatur „fühlen“

Bild 14.44: Wassertemperatur „fühlen“

Vergleichst du zum Beispiel barfuß einen Steinboden und einen Holzboden mit gleicher Temperatur, wird dir der Steinboden immer kälter vorkommen als der Holzboden. Deine Haut misst nämlich den Wärmestrom, der neben der Temperaturdifferenz auch noch von der Wärmeleitfähigkeit abhängt. Da Holz ein sehr schlechter Wärmeleiter ist, fällt der Wärmestrom im Verhältnis zum Stein geringer aus und es fühlt sich für deine Haut „wärmer“ an.

14.6.4 Wärmeströmung

In Fluiden (also Flüssigkeiten und Gasen) tritt neben der Wärmeleitung auch noch Wärmeströmung oder Konvektion (engl. convection) auf.

Im Allgemeinen gilt: Je größer die Temperatur eines Fluids, desto geringer ist seine Dichte. Unter der Einwirkung der Gravitationskraft steigen daher Bereiche höherer Temperatur mit geringer Dichte auf (Statischer Auftrieb), während Bereiche niedrigerer Temperatur mit höherer Dichte absinken. In Bild 14.45 siehst du die von einer Hand erwärmten Luft darüber aufsteigen.

Schlierenfotografie einer Hand im Winter

Bild 14.45: Schlierenfotografie einer Hand im Winter

Findet Wärmeströmung in begrenzten Medien (zum Beispiel beim Kochen von Wasser in einem Kochtopf) statt, steigen die erwärmten Fluid-Teilchen zunächst auf. Dabei entfernen sie sich von der Wärmequelle und ihre Temperatur nimmt wieder ab. Dadurch steigt die Dichte und die Fluid-Teilchen sinken wieder ab. In den meisten Fällen bilden sich mehrere voneinander getrennte Kreisläufe aus (Bild 14.46). Diese Bereiche heißen Konvektionszellen (engl. Convection cells).

Konvektionszellen im Schwerefeld

Bild 14.46: Konvektionszellen im Schwerefeld

Die Atmosphäre von Planeten und die Oberfläche von Sternen bilden ebenfalls solche begrenzten Medien, in denen sich Konvektionszellen ausbilden. In Bild 14.47 siehst du die Konvektionszonen der Erdatmosphäre.

Globale Zirkulationsströmungen der Erdatmosphäre

Bild 14.47: Globale Zirkulationsströmungen der Erdatmosphäre

Eine häufige Anwendung von Konvektion ist der Heizkörper. Die Verteilung der Wärme erfolgt dabei durch Luftzirkulation. Befindet sich die Heizung unter einer Fensterfläche, strömt die warme aufsteigende Luft am Fenster vorbei, über die Decke, die gegenüberliegende Wand und über den Boden zurück zum Heizkörper (Bild 14.48).

Zirkulation der Raumluft bei einem Heizkörper

Bild 14.48: Zirkulation der Raumluft bei einem Heizkörper

14.6.5 Wärmestrahlung

Wird einfallende Strahlung durch Moleküle absorbiert, wird die Strahlungsenergie in Bewegungsenergie der Moleküle (Innere Energie) umgewandelt. Niederfrequenten Radiowellen allerdings durchdringen Materie größtenteils, ohne sie zu erwärmen (Ausnahme: die hochintensive Mikrowellenstrahlung in Mikrowellenöfen). Hochfrequente Strahlung ionisiert zwar Atome und Moleküle (entfernt gebundene Elektronen), aber führt ebenfalls zu keiner Erwärmung. Zwischen diesen beiden Frequenzbereichen liegt der Bereich des sichtbaren Lichts und der Infrarotstrahlung, die an Oberflächen absorbiert wird und sie erwärmt. Im Anwendungsbeispiel zum Wienschen Verschiebungsgesetz haben wir außerdem berechnet, dass alle Körper bei alltäglichen Temperaturen hauptsächlich Strahlung im Infrarot-Bereich abgeben. Aus diesem Grund ist mit dem Begriff Wärmestrahlung der Bereich der Infrarotstrahlung gemeint.

Im Gegensatz zur Wärmeleitung und Wärmeströmung benötigt die Übertragung von Wärme durch Strahlung keine Teilchen und funktioniert so auch über große Entfernungen im Vakuum. Auf diese Weise kann zum Beispiel die Sonne die Erde erwärmen.

Strahlung im Infrarot-Bereich können wir zwar mit unseren Augen nicht sehen, aber wir können sie als Erwärmung auf der Haut spüren und sie mit Wärmebildkameras sichtbar machen. Sie misst dabei die Intensität der Infrarotstrahlung und färbt das Bild für uns bunt ein („Falschfarbenbild“). Dabei entsprechen rote Teile des Bildes üblicherweise Bereichen höherer Temperatur und blaue Teile entsprechen Bereichen niedrigerer Temperatur (weil wir Menschen üblicherweise rötliche Farbtöne mit Hitze und bläuliche Farbtöne mit Kälte assoziieren). Im Gegensatz zu uns Menschen können einige Tiere wie zum Beispiel Schlangen im Infrarot-Bereich sehen und so ihre Beute in Dunkelheit leichter aufspüren.

Infrarotaufnahme eines Hundes

Bild 14.49: Infrarotaufnahme eines Hundes

Im Bild 14.49 siehst du die Infrarotaufnahme eines Hundes. Deutlich kannst du erkennen, dass der Hund die meiste Wärme über Mund, Schnauze und Augen – also die Bereiche, die nicht von einem Fell geschützt sind – verliert. Die Thermografie ist auch beim Bau und bei der Sanierung von Gebäuden ein wichtiges Werkzeug. So können Wärmebrücken – das sind Stellen in der Fassade, an denen es in der kalten Jahreszeit zu großen Wärmeverlusten kommt – leicht gefunden und behoben werden.

14.6.6 Thermische Isolation

Um ein System thermisch zu isolieren, müssen alle drei Arten von Wärmetransport unterbunden werden. Eine gute Thermosflasche (14.50) ist so konstruiert, dass

  • Wärmeströmung durch einen Verschluss verhindert wird
  • Wärmeleitung durch eine Trennung von Innen- und die Außenseite durch eine Vakuumschicht verhindert wird (keine Teilchen, keine Wärmeleitung) und
  • Wärmestrahlung durch eine verspiegelt Innenseite zurück reflektiert wird.
Thermosflasche

Bild 14.50: Thermosflasche

Im Labor werden sogenannte Dewargefäße (engl. Dewar flask) für diese Aufgabe verwendet.

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