14.7 Auswirkungen von Wärme

Vermutlich hast du schon einmal einen Wasserkocher verwendet (Bild 14.51).

Wasserkocher

Bild 14.51: Wasserkocher

In diesem Kapitel gehen wir der Frage nach, wie viel Energie für eine Temperaturerhöhung nötig ist.

14.7.1 Spezifische Wärmekapazität

Wenn Wärme auf ein System übertragen wird, steigt seine Temperatur. Die Menge an Wärme, die du benötigst, um die Temperatur eines Körpers zu erhöhen, hängt zunächst von der Masse des Körpers ab – je größer die Masse, desto mehr Teilchen müssen bewegt werden. Aber sie hängt auch von dem Material des Körpers ab. Für Wasser benötigst du fast die fünffache Menge an Energie als für die gleiche Menge Beton. Der Zusammenhang von Wärmemenge \(Q\) und Temperaturänderung \(\Delta T\) lautet:

\[\begin{equation} Q=m\cdot c\cdot\Delta T \tag{14.13} \end{equation}\]

Das \(m\) in der Formel steht für die Masse des Körpers und \(c\) für eine materialabhängige Konstante.

Beachte: In dieser Formel kommt nur die Temperaturänderung vor. Es ist also egal, ob du die Anfangs- und Endtemperatur in Grad Celsius oder Kelvin einsetzt.

Diese Konstante \(c\) heißt spezifische Wärmekapazität (engl. specific heat) und gibt an, wie viel Energie nötig ist, um \(1\;\mathrm{kg}\) eines bestimmten Stoffes um \(1\;\mathrm{K}\) (\(1\;^\circ\mathrm{C}\)) zu erhöhen.

Um die Einheit der spezifischen Wärmekapazität zu erhalten, lösen wir die Gleichung nach \(c\):

\[ \begin{aligned} m\cdot c\cdot\Delta T = {} & Q \qquad\Bigr\rvert\cdot \frac{1}{m\cdot\Delta T}\\ c = {} & \frac{Q}{m\cdot\Delta T} \\ \end{aligned} \]

In diese Gleichung setzen wir jetzt die Einheiten ein.

\[ [c] =\frac{[Q]}{[m]\cdot[\Delta T]} =\frac{\mathrm{J}}{\mathrm{kg}\cdot\mathrm{K}} =\mathrm{J}\cdot\mathrm{kg}^{-1}\cdot\mathrm{K}^{-1} \]

Die Einheit wird „Joule pro Kilogramm pro Kelvin“ ausgesprochen.

Die spezifische Wärmekapazität von Wasser beträgt zum Beispiel \(c_\mathrm{Wasser}=4\,184\;\mathrm{J}\cdot\mathrm{kg}^{-1}\cdot\mathrm{K}^{-1}\). Die Werte für weitere Stoffe kannst du in Tabellen nachschlagen. Für Gase findest du immer zwei Werte in den Tabellen: \(c_p\) (für die Erwärmung unter konstantem Druck) und \(c_V\) (für die Erwärmung bei konstantem Volumen). Warum das einen Unterschied macht, erfährst du im Abschnitt Volumenarbeit von Gasen.

14.7.2 Spezifische Schmelz- und Verdampfungswärme

Du nimmst Eis aus dem Gefrierfach und misst die Temperatur von \(-12^\circ\mathrm{C}\). Erwärmst du das Eis, steigt zunächst seine Temperatur. Hat das Eis eine Temperatur von \(0^\circ\mathrm{C}\) erreicht, beginnt es zu schmelzen. Ab jetzt führt jede weitere Wärmezufuhr zu keiner Temperaturerhöhung! Erst bis das gesamte Wasser flüssig ist, steigt die Temperatur weiter an.

Während einer Phasenumwandlung wird die gesamte zugeführte Energie für die Änderung der Molekülstruktur verwendet.

Die für eine Phasenumwandlung (Aggregatzustandsänderung) notwendige Energie heißt latente Wärme (engl. latent heat). Das Wort „latent“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „verborgen“, weil es zu keiner Temperaturerhöhung kommt.

Die für die Phasenumwandlung notwendige Wärme \(Q\) kann mit der Formel

\[\begin{equation} Q=m\cdot c \tag{14.14} \end{equation}\]

berechnet werden. Dabei steht \(m\) für die Masse des Körpers und \(c\) für eine materialabhängige Konstante (spezifische latente Wärme). Die Einheit dieser Konstante ist:

\[ [c] =\frac{[Q]}{[m]} =\frac{\mathrm{J}}{\mathrm{kg}} =\mathrm{J}\cdot\mathrm{kg}^{-1} \]

Die Einheit wird „Joule pro Kilogramm“ ausgesprochen.

Je nach Phasenumwandlung heißen die Konstanten

Die spezifische Schmelzwärme von Wasser beträgt beispielsweise \(333\,700\;\mathrm{J/kg}\) und die Verdampfungswärme \(2\,264\,705\;\mathrm{J/kg}\). Die Werte für weitere Stoffe kannst du in Tabellen nachschlagen.

14.7.3 Anwendungsbeispiel: spezifische und latente Wärme

Ein \(0{,}5\;\mathrm{kg}\) Eisblock mit einer Temperatur von \(-10\;^\circ\mathrm{C}\) soll auf eine Temperatur von \(60\;^\circ\mathrm{C}\) gebracht werden. Berechne, wie lange dieser Vorgang dauert, wenn dafür eine Mikrowelle mit einer Leistung von \(1\,200\;\mathrm{W}\) verwendet wird.

Diese Aufgabe muss in zwei Schritten gelöst werden. Im ersten Schritt wird die für den Vorgang notwendige Energie berechnet. Danach kann dann im zweiten Schritt die Zeit für diese Energie bei gegebener Leistung berechnet werden.

Da der Prozess eine Phasenumwandlung beinhaltet, ist die Berechnung der Energie ein mehrstufiger Prozess (Bild 14.52).

Erwärmung von Wasser mit Phasenübergängen

Bild 14.52: Erwärmung von Wasser mit Phasenübergängen

Die Gesamtenergie in unserem Beispiel besteht aus drei Teilbeträgen (die materialabhängigen Konstanten schlagen wir nach und wir dürfen die Temperaturangaben in Grad Celsius einsetzen, weil es sich hier um Temperaturdifferenzen handelt):

  1. Die Temperaturerhöhung von festem Wasser (Eis) von \(-10\;^\circ\mathrm{C}\) auf \(0\;^\circ\mathrm{C}\) (spezifische Wärmekapazität von Eis: \(2\,220\;\mathrm{J}\cdot\mathrm{kg}^{-1}\cdot\mathrm{K}^{-1}\)): \[ \begin{aligned} Q_{Eis} = {} & m\cdot c_{Eis}\cdot\Delta T_{Eis} \\ = {} & 0{,}5\;\mathrm{kg}\cdot 2\,220\;\mathrm{J}\cdot\mathrm{kg}^{-1}\cdot\mathrm{K}^{-1}\cdot(0-(-10)\;^\circ\mathrm{C}) \\ = {} & 11\,100\;\mathrm{J} \\ \end{aligned} \]

  2. Das vollständige Schmelzen des Eises (Phasenübergang) bei \(0\;^\circ\mathrm{C}\) (latente Schmelzwärme von Eis: \(333\,700\;\mathrm{J}\cdot\mathrm{kg}^{-1}\)). \[ \begin{aligned} Q_{Schmelzen} = {} & m\cdot c_{Schmelzen} \\ = {} & 0{,}5\;\mathrm{kg}\cdot 333\,700\;\mathrm{J}\cdot\mathrm{kg}^{-1} \\ = {} & 166\,850\;\mathrm{J} \\ \end{aligned} \]

  3. Die Temperaturerhöhung von flüssigem Wasser von \(0\;^\circ\mathrm{C}\) auf \(60\;^\circ\mathrm{C}\) (spezifische Wärmekapazität von Wasser: \(4\,184\;\mathrm{J}\cdot\mathrm{kg}^{-1}\cdot\mathrm{K}^{-1}\)). \[ \begin{aligned} Q_{Wasser} = {} & m\cdot c_{Wasser}\cdot\Delta T_{Wasser} \\ = {} & 0{,}5\;\mathrm{kg}\cdot 4\,184\;\mathrm{J}\cdot\mathrm{kg}^{-1}\cdot\mathrm{K}^{-1}\cdot(60\;^\circ\mathrm{C}-0) \\ = {} & 125\,520\;\mathrm{J} \\ \end{aligned} \]

Die gesamte Wärmeenergie ist die Summe dieser Beiträge:

\[ \begin{aligned} Q_{ges} = {} & Q_{Eis} + Q_{Schmelzen} + Q_{Wasser}\\ = {} & 11\,100\;\mathrm{J} + 166\,850\;\mathrm{J} + 125\,520\;\mathrm{J}\\ = {} & 303\,470\;\mathrm{J}\\ \end{aligned} \]

Im letzten Schritt berechnen wir die Zeit, die von der Mikrowelle benötigt wird, diese Energie zur Verfügung zu stellen. Dazu lösen wir die Formel für die Leistung nach der Zeit auf

\[ \begin{aligned} P = {} & \frac{W}{t}\qquad\Bigr\rvert\cdot t \qquad\Bigr\rvert\cdot \frac{1}{P} \\ t = {} & \frac{W}{P} \\ \end{aligned} \]

und setzen für die Arbeit die berechnete Wärmeenergie und die Leistung der Mikrowelle ein:

\[ t = \frac{303\,470\;\mathrm{J}}{1\,200\;\mathrm{W}} = 252{,}89\ldots\;\mathrm{s} \]

Für die Erwärmung von \(0{,}5\;\mathrm{kg}\) Eis von \(-10\;^\circ\mathrm{C}\) auf \(60\;^\circ\mathrm{C}\) benötigt eine \(1\,200\;\mathrm{W}\) Mikrowelle \(4\) Minuten und \(13\) Sekunden.

14.7.4 Carnot-Batterie

Bei der Speicherung von elektrischer Energie denkst du vielleicht zunächst einmal an eine herkömmliche Batterie, in der Energie chemisch gespeichert wird. Jeder Körper besitzt aufgrund seiner ungeordneten Teilchenbewegung der Atome und Moleküle in seinem Inneren Energie (innere Energie). Speicher, die elektrische Energie in Form von innerer Energie speichern, werden nach Nicolas Léonard Sadi Carnot als Carnot-Batterie (engl. Carnot battery oder thermal energy storage (TES)) bezeichnet.

Verwendung eines thermischen Energiespeichers (Carnot-Batterie)

Bild 14.53: Verwendung eines thermischen Energiespeichers (Carnot-Batterie)

In Bild 14.53 siehst du die Verwendung einer Carnot-Batterie. Zunächst muss die elektrische Energie zum Beispiel mit einer Widerstandsheizung in thermische Energie umgewandelt werden (E2T). Die thermische Energie wird dann an den eigentlichen Speicher (TES) übertragen. Beim „Entladen“ wird die gespeicherte Wärme wieder in Elektrizität (zum Beispiel mithilfe einer Dampfturbine) umgewandelt (T2E).

Wie viel thermische Energie in einem Volumen gespeichert werden kann, ergibt sich aus der Dichte des Stoffes, aber vor allem durch seine spezifische Wärmekapazität. Ideal sind daher Stoffe, die vor Ort zu finden sind und eine möglichst große spezifische Wärmekapazität besitzen. Flüssiges Wasser mit seiner großen spezifischen Wärme von \(4{,}183\;\mathrm{kJ\cdot kg^{-1}\cdot K^{-1}}\) bietet sich daher an. Allerdings erreicht Wasser bei \(100\;\mathrm{^\circ C}\) seinen Siedepunkt und wird gasförmig. Für höhere Temperaturen werden Feststoffspeicher mit Sand oder Gestein (\(c\approx 1\;\mathrm{kJ\cdot kg^{-1}\cdot K^{-1}}\)) verwendet, deren Schmelzpunkt weit über \(1000\;\mathrm{^\circ C}\) liegt und praktisch überall vorkommen. Da sich thermische Energie nie vollständig in andere Energieformen umwandeln lässt, ist der Verlust bei der Umwandlung relativ hoch. Dafür sind die Kosten relativ gering und es gibt nahezu keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt. Im Gegensatz zu herkömmlichen wiederaufladbaren Batterien verlieren thermische Energiespeicher mit der Zeit auch nicht an Leistung.

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