14.2 Innere Energie und Wärme

Warum wird der Tee kalt und das Eis warm (Bild 14.12)?

Eiswürfel in einem Getränk

Bild 14.12: Eiswürfel in einem Getränk

Die Antwort auf diese Fragen hat mit thermodynamischen Systemen und ihrem Gleichgewicht zu tun.

14.2.1 Thermodynamische Systeme

Als thermodynamisches System (engl. thermodynamic system) wird ein isolierter Teil des Raumes oder eine begrenzte Menge von Materie bezeichnet. In Bild 14.13 siehst du ein Beispiel für ein thermodynamisches System: ein Glas Wasser mit Eiswürfeln darin.

Beispiel für ein thermodynamisches System

Bild 14.13: Beispiel für ein thermodynamisches System

Jedes thermodynamische System (a) muss eine klar definierte Systemgrenze (b) haben. Sein Zustand kann sich ändern, wenn Energie und/oder Materie über die Grenze zwischen dem System und der Umgebung übertragen wird (c und d).

14.2.2 Eigenschaften eines thermodynamischen Systems

Ein thermodynamisches System kann entweder durch die makroskopischen Größen

  • Druck
  • Temperatur
  • Volumen

oder durch die mikroskopischen Größen

  • Anzahl der Teilchen und ihre
  • kinetische Energie

beschrieben werden.

14.2.3 Innere Energie

Die innere Energie \(U\) (engl. internal energy) eines thermodynamischen Systems steht für die Summe aller Energien, die wir makroskopisch nicht erkennen können. Dazu zählt die Bewegungsenergien der Teilchen, die jede Substanz aufgrund seiner Temperatur besitzt und auch die Bindungsenergien, also die Energie, die in Form von chemischen Bindungen der Moleküle gespeichert ist (Bild 14.14).

Thermische Bewegung eines Moleküls (Modell)

Bild 14.14: Thermische Bewegung eines Moleküls (Modell)

In einem Gas, bei dem sich die Teilchen innerhalb eines Volumens frei bewegen können, enthält die innere Energie die kinetische Energie und die Rotationsenergie der Gasteilchen. Bei Festkörpern, bei denen die Teilchen in einem Gitter gebunden sind, enthält die innere Energie die Schwingungsenergie der Gitteratome um ihre Ruhelage.

Die Einheit der inneren Energie ist – wie die aller anderen Energieformen – das Joule.

14.2.4 Wärme

Umgangssprachlich bezeichnen wir Substanzen als „warm“, wenn ihre Temperatur über unserer Körpertemperatur liegt und wir sie als angenehm empfinden. Im Alltag wird „Wärme“ oft als die Eigenschaft der Substanz verstanden, die sie „warm“ erscheinen lässt.

Während der Begriff der innere Energie den Zustand eines Systems beschreibt, wird in der Physik der Begriff Wärme ausschließlich bei Vorgängen verwendet, bei denen sich der Zustand eines Systems ändert. Ein System kann also Wärme aufnehmen oder abgeben, aber niemals „besitzen“.

Konkret wird als Wärme \(Q\) (engl. heat) jener Teil der Inneren Energie bezeichnet, der allein aufgrund eines Temperaturunterschieds von einem thermodynamischen System auf ein anderes übertragen wird (Bild 14.15).

Wärme geht von einem System auf das andere über

Bild 14.15: Wärme geht von einem System auf das andere über

Wird die Wärmemenge \(Q\) übertragen, ändert sich die innere Energie des Systems entsprechend.

\[\begin{equation} Q = \Delta U = U_2-U_1 \tag{14.5} \end{equation}\]

Dabei steht \(U_2\) für die innere Energie nach der Übertragung und \(U_1\) für die innere Energie vor der Übertragung. Je nachdem, ob ein thermodynamisches System die Wärmemenge aufnimmt (sich seine innere Energie erhöht) oder abgibt (sich seine innere Energie verringert), ist \(Q\) positiv oder negativ.

Da die Wärme \(Q\) eine Energie beschreibt, ist ihre Einheit ebenfalls das Joule.

14.2.5 Richtung der Wärmeübertragung

Der Energietransfer in Form von Wärme hat immer eine eindeutige Richtung (Bild 14.15):

Wärme kann von selbst nur vom Körper höherer Temperatur auf einen Körper tieferer Temperatur übergehen.

Diese Erfahrung wird später durch den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik ausgedrückt.

14.2.6 Thermodynamisches Gleichgewicht

Stehen zwei thermodynamische Systeme unterschiedlicher Temperatur in thermischen Kontakt (zum Beispiel, in dem sie wärmeleitend miteinander verbunden sind), führt der Wärmeaustausch immer zu einem Temperaturausgleich. Am Ende haben beide Systeme dieselbe Temperatur (Bild 14.16).

Thermodynamisches Gleichgewicht

Bild 14.16: Thermodynamisches Gleichgewicht

Dieser Endzustand heißt thermodynamisches Gleichgewicht (engl. thermodynamic equilibrum).

Ein Gegenstand kann daher nur dann „kälter“ werden (seine Temperatur sinkt), wenn gleichzeitig ein anderes System (zum Beispiel die Umgebung) „wärmer“ wird (seine Temperatur steigt).

14.2.7 Nullter Hauptsatz der Thermodynamik

Stell dir vor, du hast zwei Systeme A und B, die nicht in thermischen Kontakt gebracht werden können. Du möchtest aber wissen, ob A und B im thermodynamischen Gleichgewicht wären, wenn du sie zusammenbringen könntest. Nehmen wir weiter an, du hast ein tragbares System C. Du hast es in Kontakt mit dem System A gebracht und festgestellt, dass beide Systeme im thermischen Gleichgewicht sind. Jetzt transportierst du System C zu System B und stellst ebenfalls fest, dass sie im thermischen Gleichgewicht sind. Was kannst du daraus schließen (Bild 14.17)?

Drei Systeme im thermischen Gleichgewicht

Bild 14.17: Drei Systeme im thermischen Gleichgewicht

Wenn sich System A und B im thermischen Gleichgewicht befinden und ebenso die Systeme B und C, müssen sich auch die Systeme A und C im thermodynamischen Gleichgewicht befinden.

Diese Aussage heißt nullter Hauptsatz der Thermodynamik (engl. zeroth law of thermodynamics). Solltest du dich über die Nummerierung wundern: Dieser Hauptsatz wurde nach dem 1. und 2. Hauptsatz entdeckt, ist aber so grundlegend, dass er vor allen anderen kommen sollte…

Das „dritte System“ ist in der Praxis häufig ein Thermometer. Diese heute trivial klingende Aussage war vor der Erfindung des Thermometers allerdings nicht offensichtlich. Nur mit dem Tastsinn ausgestattet, würden nur wenige Leute zustimmen, dass ein Stück Stoff und ein Stab Metall, beide bei \(0^\circ\mathrm{C}\), die gleiche Temperatur haben (siehe Temperaturempfindlichkeit der Haut).

14.2.8 Unterschied Temperatur und innere Energie

Bist du in einem kalten Raum und entzündest ein Streichholz, kannst du dir zwar die Finger verbrennen, aber die Temperatur des Raumes wirst du damit kaum erhöhen. Eine Badewanne voll mit Wasser bei \(25^\circ\mathrm{C}\) wird die Raumtemperatur erhöhen, obwohl du dich an dem Wasser sicher nicht verbrennen wirst.

Obwohl die Temperatur ein Maß für die innere Energie eines Körpers ist, gibt es offensichtlich einen wichtigen Unterschied. Sie dir das Bild 14.18 an.

Zwei Gefäße mit gleicher Temperatur aber unterschiedlicher innerer Energie

Bild 14.18: Zwei Gefäße mit gleicher Temperatur aber unterschiedlicher innerer Energie

Im linken Behälter befinden sich ein Liter Wasser mit einer Temperatur von \(30^\circ\mathrm{C}\). Gibst du einen weiteren Liter mit einer Temperatur von \(30^\circ\mathrm{C}\) dazu, verdoppelt sich die Masse und die innere Energie (doppelt so viele Teilchen bewegen sich), aber die Temperatur ist nach wie vor \(30^\circ\mathrm{C}\).

innere Energie (und auch Wärme) hängt also von der Menge (Quantität) eines Stoffes ab, daher wird hier von einer quantitativen Größe gesprochen. Im Gegensatz dazu ist die Temperatur eine mengenunabhängige Größe. Sie beschreibt eine „Intensität“ und ist daher eine qualitative Größe.

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