15.3 Schweredruck in ruhenden Fluiden

Im Bild 15.11 siehst du einen Taucher mit einer Pressluftflasche bei einem Tauchgang.

Gerätetaucher in einer Unterwasserhöhle

Bild 15.11: Gerätetaucher in einer Unterwasserhöhle

Der Lungenautomat versorgt den Taucher in jeder Tiefe mit exakt demselben Luftdruck wie der umgebende Wasserdruck. Nur so kann der Taucher unter Wasser atmen. Wie und warum sich der Wasserdruck mit der Tiefe ändert, erfährst du in diesem Kapitel.

15.3.1 Hydrostatische Druck

Tauchst du in einem Schwimmbad oder in einem See nach unten, wirst du an deinem Trommelfell sehr bald merken, dass der Druck mit der Tiefe zunimmt. Der Grund dafür ist die Gewichtskraft der Wassermenge, die sich über dir befindet. Diesen Druck nennen die Physikerinnen und Physiker den hydrostatischen Druck (engl. hydrostatic pressure). Die Formel lautet:

\[\begin{equation} p = \rho_{Fl}\cdot g\cdot h + p_0 \tag{15.4} \end{equation}\]

In dieser Formel bedeuten:

  • \(\rho_{Fl}\), die Dichte der Flüssigkeit (in \(\mathrm{kg/m^3}\))
  • \(g\), die örtliche Fallbeschleunigung (in \(\mathrm{m/s^2}\)),
  • \(h\) für die Eintauchtiefe (in \(\mathrm{m}\))
  • \(p_0\) für einen zusätzlichen Druck (in \(\mathrm{Pa}\)), der auf die Flüssigkeitsoberfläche wirkt

Betrachten wir konkret den hydrostatischen Druck von Wasser. Bei einer Dichte von \(1000\;\mathrm{kg}/\mathrm{m}^3\) und einer Fallbeschleunigung von rund \(10\;\mathrm{m}/\mathrm{s}^2\) ergibt sich in einer Tiefe von \(10\;\textrm{m}\) ein Druck von:

\[ p = 1000\cdot 10\cdot 10 = 100.000 \;\textrm{Pa} = 1\;\textrm{bar} \]

Dazu kommt noch der Luftdruck auf Meeresniveau \(p_0\) von \(1\;\textrm{bar}\), der über dem Wasser liegt. Der Gesamtdruck ist daher \(2\;\textrm{bar}\). Das Bild 15.12 fasst den Tiefendruck in Wasser noch einmal zusammen.

Tiefendruck in Wasser auf der Erde

Bild 15.12: Tiefendruck in Wasser auf der Erde

15.3.2 Herleitung des hydrostatischen Drucks

Die Ursache für den hydrostatischen Druck in einer Tiefe ist die Gewichtskraft der Wassersäule darüber. Für die Herleitung betrachten wir die in Bild 15.13 gezeigte Situation.

Gedachte Fläche in einem Wassertank

Bild 15.13: Gedachte Fläche in einem Wassertank

In einer Tiefe \(h\) befindet sich eine Fläche \(A\). Die Druckkraft auf diese Fläche wird von dem Wasservolumen \(A\cdot h\) (Grundfläche mal Höhe) erzeugt.

\[ \begin{array}{rcl} p & = & \displaystyle\frac{F_G}{A} \\ & = & \displaystyle\frac{m\cdot g}{A} \\ & = & \displaystyle\frac{V\cdot \rho_{Fl}\cdot g}{A} \\ & = & \displaystyle\frac{\cancel{A}\cdot h\cdot \rho_{Fl}\cdot g}{\cancel{A}} \\ & = & h\cdot \rho_{Fl}\cdot g \\ \end{array} \]

15.3.3 Kommunizierende Gefäße

Nach der Formel für den hydrostatischen Druck hängt der Bodendruck eines Gefäßes ausschließlich von der Höhe der Flüssigkeitssäule ab. Werden Gefäße unterschiedlicher Form (Kommunizierende Gefäße (engl. communicating vessels)) untereinander verbunden, so bildet sich in allen Gefäßen derselbe Flüssigkeitspegel waagrecht zur Erdoberfläche aus und bestätigt die Formel für den hydrostatischen Druck (Bild 15.14).

Beispiel für verbundene Gefäße

Bild 15.14: Beispiel für verbundene Gefäße

Dass die Wassermenge in den einzelnen Gefäßen dabei keine Rolle spielt, erscheint auf den ersten Blick paradox, deshalb wird es hydrostatisches Paradoxon genannt. Wären die Säulen Festkörper, wäre der Bodendruck tatsächlich abhängig von der Menge des Materials. Hier handelt es sich aber um eine Flüssigkeit, die auch Druck an die Gefäßwände ableiten kann.

Erklärung des hydrostatischen Paradoxons

Bild 15.15: Erklärung des hydrostatischen Paradoxons

Im Bild 15.15 oben siehst du die verbundenen Gefäße in einem Wassertank. Die Formen haben Löcher und die Flüssigkeit kann überall hin eindringen. Wir warten, bis die Flüssigkeit ruht. Jetzt schließen wir alle Löcher (Bild 15.15 Mitte). Ob die Löcher da sind oder nicht, macht für die Flüssigkeit keinen Unterschied, da sich die Flüssigkeitsteilchen ja nicht mehr bewegen. Auf beiden Seiten der Gefäßwände herrscht jeweils der gleiche Wasserdruck – es macht auch keinen Unterschied, ob die Wände der kommunizierenden Gefäße flexibel oder starr sind. Jetzt wird die umgebende Flüssigkeit im Wassertank abgelassen (Bild 15.15 unten). Die Flüssigkeit in den verbundenen Gefäßen ist davon unbeeinflusst. Der nun fehlende Druck auf der Außenseite der kommunizierenden Gefäße wird von den Gefäßwänden aufgebracht.

15.3.4 Atmosphärischer Druck

Auf Meeresniveau herrscht ungefähr ein Luftdruck von \(1\;\textrm{bar}\). Auch dieser Druck ist eine Folge der Gewichtskraft der darüber liegenden Luftmoleküle (Druck in schweren Gasen). Da sich Flüssigkeiten nicht zusammendrücken lassen, ergibt sich für den hydrostatischen Druck eine lineare Gleichung. Im Gegensatz dazu lässt sich Luft – wie alle Gase – zusammendrücken. Der atmosphärische Druck (engl. atmospheric pressure) nimmt mit zunehmender Höhe nicht linear ab.

Unter der Annahme einer konstanten Temperatur in allen Luftschichten lässt sich mithilfe der Integralrechnung die barometrische Höhenformel herleiten. Nach der barometrischen Höhenformel nimmt der Druck mit der Höhe exponentiell ab (Bild 15.16).

Atmosphärischer Druck nach der barometrischen Höhenformel

Bild 15.16: Atmosphärischer Druck nach der barometrischen Höhenformel

Und wo hört jetzt die Atmosphäre auf und wo beginnt der Weltraum? Eine natürliche Grenze gibt es nicht. Die Atmosphäre wird einfach immer dünner, je weiter du dich von der Erde entfernst. Üblicherweise wird eine Höhe von \(100\;\mathrm{km}\) über dem Meeresspiegel als Grenze angegeben (Kármán-Linie). Ab dieser Höhe gibt es keinen nennenswerten aerodynamischen Auftrieb mehr und Flügel werden nutzlos. Hier endet die Luftfahrt und die Raumfahrt beginnt.