12.10 Messung elektrischer Größen
In Bild 12.95 siehst du, wie eine Technikerin die elektrischen Widerstände eines Schaltkreises überprüft.
Das Messen von elektrischen Größen wie Spannung, Stromstärke oder elektrischen Widerstand ist eine wichtige Fähigkeit, die dir hilft, elektrische Schaltkreise zu verstehen und Fehler zu finden und zu korrigieren. In diesem Kapitel erfährst du nicht nur etwas über die richtige Verwendung der Messgeräte, sondern auch über ihren Aufbau.
12.10.1 Innenwiderstand
Bisher sind wir immer von einer idealen Spannungsquelle (engl. ideal voltage source) ausgegangen. Eine \(9\;\mathrm{V}\)-Spannungsquelle liefert demnach immer dieselbe Spannung, egal welchen Widerstand wir in unserem einfachen Schaltkreis verwenden. Verkleinern wir den Widerstand, könnten wir theoretisch nach dem Ohmschen Gesetz beliebig große elektrische Ströme erhalten.
Die chemische Ladungstrennung in einer Batterie benötigt aber Zeit. Elektronen können daher nicht beliebig schnell nachgeliefert werden. Außerdem besitzen auch die Leitungen, Stecker und alle anderen Teile in einem Stromkreis einen elektrischen Widerstand. Dieser ist zwar sehr klein, aber je kleiner der Verbraucher (Lastwiderstand) im Stromkreis ist, desto stärker macht er sich bemerkbar.
Du siehst, die Sache ist recht kompliziert. Zum Glück gibt es in der Praxis eine recht einfache Möglichkeit, all diese Effekte zu berücksichtigen. Jede reale Spannungsquelle (engl. real voltage source)verhält sich dabei so, als ob ein zusätzlicher Widerstand in Serie zu einer idealen Spannungsquelle liegt (Bild 12.96). Die Spannung, die du an den Polen einer realen Spannungsquelle abgreifen kannst, heißt Klemmenspannung (engl. terminal voltage).
Dieser zusätzliche gedachte Widerstand wird Innenwiderstand (engl. internal resistance) genannt. Er beschreibt all die oben beschriebenen Effekte und kann auch gemessen werden. Der Innenwiderstand kann in den meisten Fällen vernachlässigt werden und macht sich nur unter bestimmten Umständen (zum Beispiel sehr kleiner Lastwiderstand oder sehr viele parallele Verbraucher) bemerkbar.
Nicht nur Spannungsquellen, sondern jedes elektrische Gerät besitzt einen Innenwiderstand.
12.10.2 Multimeter
In Bild 12.97 siehst du ein modernes digitales Multimeter (engl. multimeter). Mit so einem kostengünstigen Messgerät kannst du elektrische Größen wie Spannung, Stromstärke und Widerstand messen.
Mit dem Multimeter kannst du sowohl Gleich- als auch Wechselstromgrößen (Effektivwerte) messen. Um den zeitlichen Verlauf von Strömen und Spannungen zu untersuchen, sind ein analoges Drehspulmessgerät (für kleine Frequenzen) oder ein Oszilloskop (für große Frequenzen) geeigneter.
Darüber hinaus haben die meisten digitalen Multimeter einen Durchgangsprüfer sowie Messmöglichkeiten für Dioden und Transistoren.
In den Abschnitten Spannungsmessung, Strommessung und Widerstandsmessung erfährst du genauer, wie du diese elektrischen Größen mit diesem Gerät misst.
12.10.3 Messung von elektrischer Spannung
In Bild 12.98 siehst du einen einfachen elektrischen Stromkreis, in dem sich ein Spannungsmessgerät oder Voltmeter (engl. voltmeter) befindet. Das Schaltsymbol für ein Spannungsmessgerät ist ein Kreis mit eingeschriebenem Buchstaben V. Um den Spannungsabfall an der Last (Lampe) zu messen, muss ein Spannungsmessgerät mit einem Punkt vor und einem Punkt nach dem Verbraucher verbunden – muss also parallel zu dem Verbraucher geschaltet werden!
Bevor du das Messgerät mit dem Stromkreis verbindest, musst du den passenden Messbereich (engl. range) wählen (Bild 12.99).
Die Zahl gibt jeweils die maximale Spannung an, die mit diesem Messbereich gemessen werden kann. Vorsicht: Ist der Messbereich für die zu messende Spannung zu klein gewählt, kannst du das Messgerät dauerhaft schädigen! Im anderen Fall, wenn du den Messbereich zu groß für die Spannung gewählt hast, erhältst du einen falschen (ungenauen) Wert in der Anzeige. Im Zweifelsfall beginne mit dem größten Messbereich (hier \(1000\;\mathrm{V}\)). Falls dieser zu groß gewählt wurde, wechsle stufenweise zum nächst kleineren Messbereich, bis die Anzeige passend ist.
Wichtig für das Ablesen: Wenn im Messbereich ein m hinter der Zahl steht, erfolgt die Anzeige der Spannung in Millivolt!
Jedes zusätzliche Gerät in einem Stromkreis verändert diesen (Belastungseffekt, engl. loading effect). Damit diese Beeinflussung möglichst gering und die Spannungsmessung daher möglichst unverfälscht ist, muss der Innenwiderstand eines Spannungsmessgeräts möglichst groß sein. Wäre der Innenwiderstand unendlich groß, würde über den parallelen Zweig mit dem Spannungsmessgerät überhaupt kein Strom fließen und der Stromkreis wäre unverändert.
12.10.4 Messbereichserweiterung bei Spannungsmessgeräten
In Bild 12.100 siehst du ein vereinfachtes Modell eines digitalen Spannungsmessgeräts.
Der Sensor im Gerät misst den Strom durch den Innenwiderstand des Gerätes. Daraus kann der Spannungsabfall am Innenwiderstand mithilfe des Ohmschen Gesetzes berechnet werden:
\[ U = I\cdot R_i \]
In allen parallelen Stromzweigen kommt es zum gleichen Spannungsabfall, daher ist der Spannungsabfall am Innenwiderstand gleich dem Spannungsabfall am gemessenen Verbraucher (das ist die Spannung zwischen den Punkten A und B). Obwohl das Messgerät einen Spannungswert anzeigt, wird tatsächlich ein Strom gemessen.
Der empfindliche Sensor kann nur einen relativ kleinen Maximalstrom messen. Größere Ströme würden den Sensor zerstören! Damit auch größere Spannungen gemessen werden können (Messbereichserweiterung), werden unterschiedliche Vorwiderstände (engl. dropping resistor oder multiplier resistor) in Serie geschaltet (Bild 12.101).
Messgerät und Verbraucher befinden sich in Parallelschaltung. Diese Schaltung entspricht einem Stromteiler. Wird der Widerstand im Messgerät durch einen Vorwiderstand erhöht, sinkt der Strom in diesem Zweig und größere Spannungen können gemessen werden, ohne dass das Messwerk Schaden nimmt. Können beispielsweise ohne Vorwiderstand Spannungen bis zu \(1\;\mathrm{V}\) gemessen werden und wird ein Vorwiderstand \(R=99\cdot R_i\) in Serie geschaltet, können jetzt Spannungen bis \(100\;\mathrm{V}\) gemessen werden. Der Widerstand eines Spannungsmessgeräts sollte idealerweise fast unendlich groß sein, damit die Messung den Stromkreis kaum stört und das verfälscht, was eigentlich messen soll. Der Widerstand eines Spannungsmessgeräts sollte idealerweise fast unendlich groß sein, damit die Messung den Stromkreis so wenig wie möglich stört. Nur so erhältst du ein möglichst unverfälschtes Ergebnis gegenüber einem Stromkreis ohne Messgerät.
12.10.5 Messung von Stromstärke
In Bild 12.102 siehst du einen einfachen elektrischen Stromkreis, in dem sich ein Strommessgerät oder Amperemeter (engl. ammeter) befindet. Das Schaltsymbol für ein Strommessgerät ist ein Kreis mit eingeschriebenem Buchstaben A. Damit die Stromstärke an einer Stelle im Stromkreis gemessen werden kann, muss der Stromkreis an dieser Stelle geöffnet und das Messgerät dazwischen geschaltet werden (Serienschaltung!).
Bevor du das Messgerät mit dem Stromkreis verbindest, musst du den passenden Messbereich wählen (Bild 12.103).
Die Zahl gibt jeweils die maximale Stromstärke an, die mit diesem Messbereich gemessen werden kann. Vorsicht: Ist der Messbereich für den zu messenden Strom zu klein gewählt, kannst du das Messgerät dauerhaft schädigen! Im anderen Fall, wenn du den Messbereich zu groß für den Strom gewählt hast, erhältst du einen falschen (ungenauen) Wert in der Anzeige. Im Zweifelsfall beginne mit dem größten Messbereich (hier \(10\;\mathrm{A}\)). Falls dieser zu groß gewählt wurde, wechsle stufenweise zum nächst kleineren Messbereich, bis die Anzeige passend ist.
Wichtig für das Ablesen: Wenn im Messbereich ein \(m\) (oder \(\mu\)) hinter der Zahl steht, erfolgt die Anzeige der Stromstärke in Milliampere (oder Mikroampere)!
Jedes zusätzliche Gerät in einem Stromkreis verändert diesen (Belastungseffekt, engl. loading effect). Damit diese Beeinflussung möglichst gering ist (und die Strommessung möglichst unverfälscht), muss der Innenwiderstand eines Strommessgeräts (anders als bei einem Spannungsmessgerät!) möglichst klein sein. Idealerweise sollte der Innenwiderstand eines Strommessgeräts fast null sein. Denn dann würde die zu messende Größe (also die Stromstärke) fast nicht behindert oder verfälscht werden.
12.10.6 Messbereichserweiterung bei Strommessgeräten
In Bild 12.104 siehst du ein vereinfachtes Modell eines digitalen Strommessgeräts. Der Sensor im Gerät misst den Strom durch den Innenwiderstand des Gerätes und zeigt ihn an.
Der empfindliche Sensor kann nur einen relativ kleinen Maximalstrom messen, bevor er zerstört wird. Damit auch größere Ströme messbar sind (Messbereichserweiterung), werden unterschiedliche Nebenwiderstände (oder Shunt(-Widerstand)) (engl. shunt resistor) parallel dazu geschaltet (Bild 12.105). Würdest du den Schutzwiderstand in Serie mit dem Sensor schalten, wäre dieser zwar geschützt, du würdest aber die Größe, die du messen möchtest (also die Stromstärke) damit unterdrücken.
Daher befinden sich Messwerk und Nebenwiderstand in Parallelschaltung (Stromteiler). Wird der Nebenwiderstand kleiner als der der Innenwiderstand gewählt, fließt der meiste Strom über diesen Shunt ab und schützt den Sensor vor zu großen Strömen. Können ohne Shunt beispielsweise Stromstärken bis maximal \(100\;\mathrm{\mu A}\) gemessen werden und wird ein Nebenwiderstand der Größe \(R=R_i/99\) parallel geschaltet, können jetzt Stromstärken bis \(10\;\mathrm{mA}\) (also das Hundertfache) gemessen werden.
12.10.7 Messung von elektrischem Widerstand
In Bild 12.106 siehst du einen einfachen Stromkreis, bei dem der elektrische Widerstand eines Bauteils gemessen wird. Das Schaltsymbol für ein Widerstandsmessgerät oder Ohmmeter (engl. ohmmeter) ist ein Kreis mit eingeschriebenem griechischen Buchstaben \(\Omega\) (Omega). Beachte: Der Stromkreis ist geöffnet! Der für die Messung des Widerstands notwendige Strom kommt vom Widerstandsmessgerät selbst. Miss niemals den Widerstand, solange noch eine Spannungsquelle verbunden ist! Wenn der Bauteil nicht eingelötet ist, kannst du ihn zur Widerstandsmessung einfach aus dem Stromkreis herausnehmen und direkt an das Messgerät anschließen.
Vor der Messung musst du den passenden Messbereich einstellen (Bild 12.107). Die Zahl gibt jeweils den maximalen Widerstandswert an, der mit diesem Messbereich gemessen werden sollte. Im Zweifelsfall beginne mit dem größten Messbereich (hier \(2000\;\mathrm{k\Omega}\)). Falls dieser zu groß gewählt wurde, wechsle stufenweise zum nächst kleineren Messbereich, bis die Anzeige passend ist.
Willst du den Widerstand eines Verbrauchers während des Betriebes bestimmen (zum Beispiel steigt der Widerstand einer Glühbirne, wenn sie leuchtet), kannst du dafür kein Widerstandsmessgerät verwenden! Es bleibt dir nur die Möglichkeit, den Spannungsabfall \(U\) und die Stromstärke \(I\) zu messen und mithilfe des Ohmschen Gesetzes den Widerstand zu berechnen:
\[ R = \frac{U}{I} \]
12.10.8 Messbereichserweiterung bei Widerstandsmessgeräten
In Bild 12.108 siehst du ein vereinfachtes Modell eines digitalen Widerstandsmessgeräts.
Die Spannung \(U_{ges}\) der Batterie des Gerätes ist dem Hersteller bekannt und setzt sich – da beide Widerstände in Serie liegen – aus zwei Spannungsabfällen zusammen: dem Spannungsabfall am Innenwiderstand \(R_i\) und dem Spannungsabfall am zu messenden Widerstand \(R_L\) – durch beide Widerstände fließt derselbe Strom \(I_{ges}\).
\[\begin{align} I_{ges}\cdot R_i + I_{ges}\cdot R_L = {} & U_{ges} &&\Bigr\rvert- I_{ges}\cdot R_i \notag \\ I_{ges}\cdot R_L = {} & U_{ges} - I_{ges}\cdot R_i {}&&\Bigr\rvert\cdot \frac{1}{I_{ges}} \notag \\ R_L = {} & \frac{U_{ges} - I_{ges}\cdot R_i}{I_{ges}} \notag \\ \end{align}\]
Der Widerstandswert \(R_L\) lässt sich also aus den bekannten Größen (\(U_{ges},R_{i}\)) und der gemessenen Stromstärke (\(I_{ges}\)) berechnen und wird vom Gerät angezeigt.
Der empfindliche Sensor kann nur einen relativ kleinen Maximalstrom messen. Bei größeren Strömen würde er zerstört. Um einen größeren Messbereich zu erhalten, werden wie bei der Messbereichserweiterung eines Spannungsmessgeräts unterschiedliche Vorwiderstände (engl. dropping resistor oder multiplier resistor) in Serie geschaltet (Bild 12.109).
Wird der Widerstand im Messgerät durch einen Vorwiderstand erhöht, sinkt der Strom in diesem Zweig und kleinere Widerstände können gemessen werden, ohne dass das Messwerk Schaden nimmt.
Bei einer Messung müsstest du hier streng genommen mit dem kleinsten Messbereich beginnen, da hier der maximale Schutz des Messwerkes gegeben ist. Praktisch sind aber die heute verwendeten Widerstandsmessgerät robust genug ausgelegt, damit nichts passiert. Das ist insbesondere bei der Verwendung als Strommessgerät nicht so, also Vorsicht!