13.8 Magnetisierung von Materie
In Bild 13.92 siehst du eine kleine Sensation. Ein lebender Frosch schwebt in einem Magnetfeld. Für dieses Kunststück war ein extrem starkes Magnetfeld von unglaublichen \(16\;\mathrm{T}\) notwendig. Der Frosch hat dabei keinen Schaden genommen.
Bisher haben wir für Erklärungen von natürlichem Magnetismus das Modell der Ampèreschen Elementarmagnete verwendet. In diesem Kapitel gehen wir dem Ursprung von magnetischen Phänomenen in Materie genauer auf den Grund, und du wirst erfahren, dass jede Art von Magnetismus auf Elektrizität zurückzuführen ist.
13.8.1 Einteilung magnetischer Wirkung
In Bild 13.93 siehst du eine Anordnung zur Messung der Kraft auf eine Substanz in einem Magnetfeld. Dazu wird die zu untersuchende Substanz in den Becher gegeben und eicht die Federwaage auf null. Jede Kraftänderung beim Einschalten des äußeren magnetischen Feldes ist dann eine Folge der Magnetisierung der Probesubstanz.
Führst du dieses Experiment mit unterschiedlichen Stoffen durch, kannst du zunächst feststellen, dass es bei jeder Substanz zu einer Kraftänderung kommt – jeder Stoff wird durch ein Magnetfeld verändert! Die Ergebnisse kannst du in drei unterschiedliche Gruppen einteilen:
schwache Anziehung (wie zum Beispiel Aluminium). Diese Stoffe werden paramagnetisch genannt (siehe Abschnitt Paramagnetismus).
sehr starke Anziehung (wie zum Beispiel Eisen). Diese Stoffe werden ferromagnetisch genannt (siehe Abschnitt Ferromagnetismus).
schwache Abstoßung (wie zum Beispiel Kupfer). Diese Stoffe werden diamagnetisch genannt (siehe Abschnitt Diamagnetismus).
Obwohl jede Materie aus denselben Grundbausteinen (Elektronen, Protonen und Neutronen) aufgebaut ist, kommt es zu so unterschiedlichen Wirkungen!
13.8.2 Magnetische Suszeptibilität
Die magnetische Suszeptibilität \(\chi_x\) (engl. magnetic susceptibility) drückt aus, wie stark ein Material magnetisiert wird. Das Wort kommt von dem lateinischen Hauptwort susceptibilitas und bedeutet „Empfänglichkeit“. Als Formelsymbol wird der griechische Kleinbuchstabe Chi verwendet. Da die Magnetisierung eines Stoffes im Wesentlichen proportional zu seiner Masse und proportional dem angelegten Magnetfeld ist, kann die Magnetisierung derselben Menge eines Stoffes durch eine dimensionslose Zahl ausgedrückt werden.
Befindet sich keine Materie in einem äußeren Magnetfeld, gibt es keinen Stoff, der magnetisiert werden könnte. Die magnetische Suszeptibilität des Vakuums ist daher \(0\).
Para- und ferromagnetische Stoffe richten sich in Feldrichtung aus. Äußeres Feld und Magnetisierung zeigen in dieselbe Richtung. Die Suszeptibilität ist daher positiv (\(\chi_x>0\)). Typische Suszeptibilitätszahlen von paramagnetischen Substanzen liegen knapp über null (zum Beispiel \(0{,}000022\) für Aluminium). Im Gegensatz dazu liegen die Suszeptibilitätszahlen von typischen ferromagnetischen Substanzen weit über \(100\).
Diamagnetische Stoffe richten sich gegen die Feldrichtung aus. Äußeres Feld und Magnetisierung zeigen in entgegengesetzte Richtungen. Ihre Suszeptibilität ist daher negativ (\(\chi_x<0\)). Typische diamagnetische Substanzen haben Werte knapp unter null (zum Beispiel \(-0{,}0000064\) für Kupfer).
Die Suszeptibilitätszahlen für einen bestimmten Stoff kannst du in Tabellen nachschlagen (zum Beispiel in der Wikipedia).
13.8.3 Magnetische Permeabilität
Die magnetische Wirkung eines Stoffes ist im Wesentlichen proportional zu seiner Masse und proportional dem angelegten Magnetfeld. Daher lässt sich das magnetische Verhalten für dieselbe Menge eines Stoffes durch eine dimensionslose Größe beschreiben, die den Einfluss eines Stoffes auf ein äußeres Magnetfeld \(B_0\) beschreibt. Diese Zahl wird magnetische Permeabilität (engl. magnetic permeability) genannt. Das Wort kommt von dem lateinischen Zeitwort permeare für „durchgehen“ oder „durchdringen“. Als Formelsymbol wird der griechische Kleinbuchstabe My (gesprochen „Mü“) verwendet.
Wird eine Substanz in ein bestehendes Magnetfeld \(B_0\) eingebracht, kommt es zu einer Verstärkung oder zu einer Abschwächung des Feldes. Dabei gilt:
\[\begin{equation} B=\mu_x\cdot B_0 \tag{13.21} \end{equation}\]
In dieser Gleichung bedeuten:
- \(B_0\), die magnetische Flussdichte des ursprünglichen Magnetfeldes ohne Stoff (in \(\mathrm{T}\))
- \(\mu_x\), die Permeabilität des Stoffes \(x\) (dimensionslose Zahl)
- \(B\), die magnetische Flussdichte des resultierenden Gesamtmagnetfeldes mit Stoff \(x\) (in \(\mathrm{T}\))
Befindet sich kein Stoff in dem Magnetfeld, wird das ursprüngliche Magnetfeld nicht verändert und es gilt \(B = B_0\). In diesem Fall wird von der Permeabilität des Vakuums (oder Leerinduktion) \(\mu_0=1\) gesprochen. Die Permeabilität von Umgebungsluft kann ebenfalls als 1 angenommen werden.
Ferro- und paramagnetische Stoffe verstärken ein Magnetfeld. Ihre Permeabilitätszahl ist daher immer größer als eins (\(\mu_x > 1\)). Die Permeabilitätszahlen von typischen paramagnetischen Substanzen liegen knapp über eins (zum Beispiel \(1{,}000022\) für Aluminium). Das heißt also, sie verstärken ein äußeres Magnetfeld nur wenig. Im Gegensatz dazu liegen die Permeabilitätszahlen von typischen ferromagnetischen Substanzen weit über \(100\). Sie verstärken ein äußeres Feld um ein Vielfaches! Für ferromagnetische Stoffe gilt daher \(\mu_x \gg 1\).
Diamagnetische Stoffe schwächen ein äußeres Magnetfeld. Ihre Permeabilitätszahl liegt zwischen null und eins (\(0 < \mu_x < 1\)). Typische diamagnetische Substanzen haben Werte knapp unter eins (zum Beispiel \(0{,}9999936\) für Kupfer) und schwächen ein äußeres Feld nur sehr wenig.
Die Permeabilitätszahlen für bestimmte Stoffe kannst du in Tabellen nachschlagen (zum Beispiel in der Wikipedia).
In Bild 13.94 siehst du die magnetische Feldänderung aufgrund der Permeabilität unterschiedlicher Stoffe (nicht maßstabsgetreu!). Die Permeabilität des Vakuums (\(\mu_0\)) hat die Steigung eins und ist als \(45^\circ\)-Gerade zu sehen. Darüber befinden sich die Kurven für ferro- und paramagnetische Stoffe (Steigung größer als eins) und darunter die Kurven für diamagnetische Stoffe (Steigung zwischen null und eins).
Die magnetische Permeabilität \(\mu\) ist eng mit der magnetischen Suszeptibilität \(\chi\) verwandt. Ihre Werte für einen bestimmten Stoff kannst du mit den folgenden Formeln ineinander umrechnen:
\[\begin{equation} \chi_x = \mu_x-1\qquad\textrm{und} \qquad \mu_x = \chi_x+1 \tag{13.22} \end{equation}\]
13.8.4 Magnetischer Dipol durch Elektronenspin
Elektronen besitzen eine Eigenschaft, die Spin heißt. Dabei verhält sich das Elektron wie eine geladene Kugel, die sich ständig um die eigene Achse dreht. Das Elektron hat daher einen Drehimpuls, der nichts mit der Bahnbewegung zu tun hat (Bild 13.95).
Durch den Elektronenspin verhält sich jedes Elektron wie ein magnetischer Dipol. Der Spin hängt nur von der Ladung und Masse eines Teilchens ab und ist daher für alle Elektronen gleich groß, ebenso wie der damit verbundene magnetische Dipol!
Auch wenn sich ein Elektron unter bestimmten Umständen wie eine rotierende geladene Kugel verhält, ist der Elektronenspin ein quantenmechanischer Effekt, der eigentlich nicht mit einem klassischen Modell erklärt werden kann! Die rotierende geladene Kugel dient nur einer vagen Vorstellung.
13.8.5 Paramagnetismus
Paramagnetische Stoffe werden von Magneten nur schwach angezogen. Die griechische Vorsilbe para- bedeutet „zu“ oder „hin“. Werden sie in ein äußeres Magnetfeld eingebracht, verstärken sie das Magnetfeld.
Die Ursache für den Paramagnetismus ist der mit dem Spin verbundene magnetische Dipol der Elektronen. Dieser magnetische Dipol der Elektronen ist immer gleich groß, richtet sich aber in einem äußeren Feld aus und verstärkt es.
Warum ist dann nicht jede Substanz paramagnetisch? In den meisten Atomen und Molekülen gruppieren sich die Elektronen zu Paaren, wobei die Spins der Partner jedes Paares unabhängig von einem äußeren Feld entgegengesetzte Richtungen einnehmen müssen (Pauli-Verbot). Die magnetischen Momente eines Paares löschen sich daher immer aus. Nur in Atomen und Molekülen mit einer ungeraden Anzahl an Elektronen kommt es nicht zu einer vollständigen Auslöschung – diese Stoffe verhalten sich paramagnetisch.
Von dieser Regel gibt es Ausnahmen, die nur durch die Quantenmechanik erklärbar sind. Das Sauerstoff-Molekül \(\mathrm{O_{2}}\) zum Beispiel besitzt zwar eine gerade Anzahl an Elektronen, seine Elektronenstruktur gibt aber zwei ungepaarten Elektronen den Vorzug (siehe Hundsche Regeln). Flüssiger Sauerstoff zeigt daher ausgeprägten Paramagnetismus (Bild 13.96).
Die paramagnetische Wirkung hängt zusätzlich auch noch von der Temperatur des Stoffes ab. Je höher die Temperatur, desto stärker verhindert die ungeordnete thermische Bewegung eine geordnete Ausrichtung der Elektronenspins im Magnetfeld.
13.8.6 Ferromagnetismus
Ferromagnetische Stoffe (hauptsächlich Eisen, Nickel oder Kobalt) werden wie paramagnetische Stoffe von Magneten angezogen. Der Effekt ist aber um einige hundert bis tausend Mal größer als beim Paramagnetismus. Die Bezeichnung geht auf den lateinischen Namen ferrum für das chemische Element Eisen zurück und bedeutet so viel wie „Stoffe mit eisenähnlichem magnetischen Verhalten“. Auch ferromagnetische Stoffe verstärken daher ein äußeres Magnetfeld.
Die extreme Verstärkung des paramagnetischen Effekts verdanken ferromagnetische Stoffe dem Umstand, dass ihre Atome in einer besonderen Gitterstruktur angeordnet sind. Sind die atomaren magnetischen Dipole in ganzen Bereichen gleich orientiert, führt das zu einer kleineren potenziellen Energie (einer festeren Bindung). Diese Bereiche gleich gerichteter magnetischer Dipole heißen nach Pierre-Ernest Weiß Weißsche Bezirke (engl. magnetic domains). Auch ohne äußeres Magnetfeld magnetisieren sich ferromagnetische Substanzen also in kleinen Bereichen von selbst.
In einem unmagnetisierten ferromagnetischen Material sind diese Weißschen Bezirke zunächst zufällig orientiert – ihre magnetischen Wirkungen heben einander auf. Wird das äußere Feld stärker, klappen alle magnetischen Dipole eines Bezirks auf einmal um. Da immer ein ganzer Bezirk auf einmal kippt, erfolgt die Magnetisierung nicht kontinuierlich, sondern in diskreten Sprüngen (Barkhausen-Sprünge). Auf diese Weise wachsen die Bezirke bei immer größer werdendem äußeren Magnetfeld zusammen, bis schließlich – bei vollständiger Magnetisierung – nur noch ein einziger großer Bezirk übrig bleibt (Sättigungsmagnetismus).
In paramagnetischen und diamagnetischen Stoffen verschwindet die Magnetisierung, sobald das äußere Feld entfernt wird. In Gegensatz dazu sorgt in ferromagnetischen Stoffen das Verbleiben der einmal ausgerichteten Weißschen Bezirke für ein Restmagnetfeld (Remanenz) – sie werden zu einem Permanentmagnet. Erst durch Erschütterung des Materials oder durch Erwärmen über ihre jeweilige Curie-Temperatur (Eisen: \(768\;^\circ\mathrm{C}\), Nickel: \(360\;^\circ\mathrm{C}\), Kobalt: \(1150\;^\circ\mathrm{C}\)), wird die zufällige Orientierung der einzelnen Bezirke wieder hergestellt und das Magnetfeld verschwindet.
Da der Ferromagnetismus nur eine Sonderform des Paramagnetismus ist, entsprechen die Ampèresche Elementarmagnete den atomaren magnetischen Dipolen, die mit dem Spin der Elektronen verbunden sind.
13.8.7 Magnetischer Dipol durch Elektronenbahn
Nach dem klassischen Atommodell bewegen sich Elektronen auf Kreisbahnen um den Atomkern. Das sich auf der Kreisbahn mit der Bahngeschwindigkeit \(v\) bewegende Elektron entspricht einem Ringstrom \(I\), der einen magnetischen Dipol erzeugt (Bild 13.98).
Bewegt sich das Elektron – wie im Bild zu sehen – im Gegenuhrzeigersinn, zeigt der Nordpol des magnetischen Dipols nach unten.
Heute wissen wir, dass sich Atome mit einem klassischen Modell nicht korrekt beschreiben lassen. Aber auch im quantenmechanisches Atommodell hilft die nicht ganz korrekte Beschreibung durch eine Kreisbahn der Vorstellung.
13.8.8 Diamagnetismus
Diamagnetische Stoffe werden von Magneten nur schwach abgestoßen. Die griechische Vorsilbe dia- bedeutet hier „auseinander“. Werden sie in ein äußeres Magnetfeld eingebracht, schwächen sie das Magnetfeld.
Die Ursache für den Diamagnetismus sind die magnetischen Dipole der Elektronenbahn. Für ein vereinfachtes klassisches Modell eines diamagnetischen Atoms sieh dir Bild 13.99 an. In (a) siehst du, wie sich die magnetischen Dipole zweier gegengleich umlaufender Elektronen gegenseitig aufheben. Kommt dieses Atom in ein Magnetfeld, wird ein elektrisches Feld induziert, das ein Elektron beschleunigt und das andere verlangsamt, wodurch ein magnetisches Netto-Dipolfeld entsteht. Nach der Lenzschen Regel ist die Veränderung derart, dass das entstehende Feld dem äußeren Feld entgegenwirkt.
Prinzipiell ist also jede Substanz diamagnetisch und hat in allen Molekülen und Atomen etwa den gleichen Wert. Aber der Diamagnetismus ist nur ein sehr kleiner Effekt. Sobald eine zusätzliche paramagnetische Wirkung vorhanden ist, wird die diamagnetische Wirkung von ihr überschattet. Daher können nur Stoffe aus Atomen und Molekülen mit einer geraden Anzahl an Elektronen überhaupt einen diamagnetischen Effekt zeigen (zum Beispiel Wassermoleküle mit 10 Elektronen). Die diamagnetische Wirkung von Wasser lässt auch Lebewesen (zum Beispiel den Frosch am Kapitelanfang) in ausreichend großen Magnetfeldern schweben (Bild 13.92).
13.8.9 Meißner-Ochsenfeld-Effekt
Supraleitende Materialien haben unter ihrer Sprungtemperatur keinen elektrischen Widerstand (\(R=0\)). Wird ein solcher Körper auf einen Magneten abgesenkt, werden nach der Lenzschen Regel Ströme induziert, die gegen die Ursache gerichtet sind und der Körper schwebt im Magnetfeld. Da diese induzierten Ströme durch keinen Widerstand abgeschwächt werden, schwebt der Körper dauerhaft.
Die Eigenschaften von supraleitenden Materialien gehen darüber aber noch hinaus. Befindet sich der Körper während der Abkühlung unter die Sprungtemperatur bereits im Magnetfeld, sollte nichts passieren, da es zu keiner magnetischen Flussänderung kommt. Tatsächlich beginnt auch in diesem Fall ein supraleitender Körper zu schweben (Bild 13.100).
Das Verhalten kann dadurch erklärt werden, dass sich beim Phasenübergang in den supraleitenden Zustand im Inneren des Körpers elektrische Ströme ausbilden („Supraströme“), deren Magnetfeld das äußere Magnetfeld aus dem Körper vollständig verdrängt (Bild 13.101).
Supraleiter sind unter der Sprungtemperatur daher perfekt diamagnetisch, mit einer magnetischen Permeabilität von \(0\) (magnetische Suszeptibilität von \(-1\)). Dieses Phänomen wird nach seinen Entdeckern Walther Meißner und Robert Ochsenfeld als Meißner-Ochsenfeld-Effekt bezeichnet.
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13.8.10 Hysteresekurve
Während bei para- und diamagnetischen Stoffen die Magnetisierung proportional zum äußeren Magnetfeld steigt und sinkt, zeigen ferromagnetische Materialien ein besonderes nicht-lineares Verhalten (Bild 13.102).
Im Diagramm ist auf der waagrechten Achse die Stärke des äußeren Magnetfeldes \(B_\mathrm{err}\) (Erregerfeld) aufgetragen. Senkrecht ist die Stärke des Gesamtmagnetfeldes \(B_\mathrm{ges}\) (Überlagerung von äußerem Magnetfeld und Magnetisierung des ferromagnetischen Stoffes) aufgetragen. Zunächst beginnen wir mit einem unmagnetisierten Material und ohne einem äußeren Magnetfeld (Punkt 0).
Sobald wir die Erregerfeldstärke erhöhen, beginnt die Magnetisierung des Materials. Die Magnetisierung nimmt zu, bis die magnetische Sättigung erreicht ist und alle Elementarmagnete im äußeren Feld ausgerichtet sind (Punkt 1). Die so überstrichene Kurve wird im Deutschen als “jungfräuliche Kurve” oder Neukurve (engl. initial magnetization curve) bezeichnet.
Wird das Erregerfeld abgestellt, bleibt ein Teil der ursprünglichen Magnetisierung als Remanenz-Magnetismus (Restmagnetisierung) erhalten (Punkt 2).
Polen wir das Erregerfeld um und erhöhen seine Stärke, erreichen wir einen Punkt, in dem sich angelegtes Erregerfeld und Magnetisierung des Materials gerade auslöschen – das Gesamtmagnetfeld ist null. Sie wird Koerzitivfeldstärke nach dem lateinischen Wort coercere für „bändigen“, „zusammenhalten“ genannt (Punkt 3).
Erhöhen wir das Erregerfeld weiter, erzwingen wir die neue Ausrichtung der Elementarmagnete. Bis schließlich eine magnetische Sättigung mit umgekehrter Polung erreicht wird (Punkt 4).
Ab jetzt wiederholt sich das Verhalten, bis sich der Kurvenverlauf über die Punkte 5 (Restmagnetisierung) und 6 (Auslöschung) wieder schließt.
Dieser Kurvenverlauf heißt Hysteresekurve (engl. hysteresis loop). Die Bezeichnung kommt von dem griechischen Wort hysteros „hinterher“ oder „später“ und beschreibt das Verhalten, dass die Magnetisierung des Körpers dem äußeren Feld stets hinterherhinkt.
13.8.11 Entmagnetisierung von Stoffen
Die Magnetisierung von para- und diamagnetischen Stoffen verschwindet sofort, wenn ihre Ursache – das äußere magnetische Feld – verschwindet. Im Gegensatz dazu behalten ferromagnetische Stoffe einen Teil ihrer Magnetisierung (Remanenz). Aus der Hysteresekurve kannst du erkennen, dass sich so ein Material nicht einfach durch Abschalten oder Umpolen des Erregerfeldes entmagnetisieren lässt!
Neben der Entmagnetisierung durch Erschütterung oder durch Erhitzen über die Curie-Temperatur (siehe Abschnitt Ferromagnetismus) gibt es noch die Möglichkeit, den ferromagnetischen Stoff durch ein immer schwächer werdendes Wechselfeld zu entmagnetisieren (Bild 13.103).
13.8.12 Ummagnetisierungsverluste
Wenn ferromagnetische Materialien umgepolt werden, muss Energie für die Änderung der Ausrichtung der Weißschen Bezirke aufgewendet werden. Die Energie geht als Reibung verloren. Diese Energieverluste werden Ummagnetisierungs- oder Hystereseverluste (engl. hysteresis loss) genannt.
In Bild 13.104 siehst du die Magnetisierungskurven für zwei unterschiedliche ferromagnetische Stoffe.
Beispiel für die Hysteresekurve eines magnetisch „weichen“ Materials. Sie weisen geringe Remanenz auf und für das Ummagnetisieren ist nur wenig Energie nötig. Daher eignen sich diese Stoffe als Kernmaterial von Elektromagneten.
Hysteresekurve für magnetisch „harte“ Materialien. Sie weisen eine große Remanenz auf und für das Ummagnetisieren ist viel Energie nötig. Diese Stoffe sind ideal für die Herstellung von Permanentmagneten.
Beachte vor allem den unterschiedlich großen Flächeninhalt, den die beiden Kurven einschließen. Er ist ein Maß für die Hystereseverluste.
13.8.13 Abschirmung von statischen Magnetfeldern
Anders als elektrostatische Felder lassen sich statische Magnetfelder nicht nach dem Prinzip des Faradayschen Käfigs abschirmen – es gibt keine „magnetischen Ladungen“, die durch Influenz ein Gegenfeld bilden können.
Um einen magnetisch feldfreien Bereich zu erhalten, ist es eine Möglichkeit, die Feldlinien umzuleiten (Bild 13.105).
Am besten eignen sich dafür magnetisch weiche Materialien mit einer hohen Permeabilitätszahl. Diese ferromagnetischen Stoffe „bündeln“ die magnetischen Feldlinien in ihrem Inneren, wodurch der benachbarte Raum nahezu feldfrei bleibt.
In bestimmten Fällen wird auch ein magnetisches Gegenfeld verwendet, um ein vorhandenes Magnetfeld abzuschwächen. Zum Beispiel zwei gegensinnig gewickelten konzentrischen Spulen oder entgegengesetzt gepolten (gleichsinnig gewickelten) Spulen wie beim Fehlerstromschutzschalter.