11.13 Wellenoptik
In Bild 11.136 siehst du eine ebene Wellenfront, die in einer Wellenwanne auf eine parabelförmig geformte Wand trifft. Die Wellen werden an der gekrümmten Wand so reflektiert, dass die Wellenenergie im Brennpunkt der Ellipse konzentriert wird und die Amplitude anwächst.
Licht ist ein Wellenphänomen. Da die Wellenlänge von Lichtwellen aber sehr klein im Verhältnis zu der Größe der meisten alltäglichen Gegenstände ist, konnten wir bisher das vereinfachte Modell von Lichtstrahlen zur Beschreibung von Lichtphänomen. Bevor wir uns in den nächsten Kapiteln mit Phänomenen beschäftigen, bei denen das Wellenmodell zur Beschreibung unbedingt notwendig ist (der Bereich der Wellenoptik, engl. physical optics oder wave optics), betrachten wir in diesem Kapitel einige Beispiele aus der Strahlenoptik in der Wellenwanne. Die Reflexion, Brechung und sogar die Totalreflexion von ebenen Wellen kennst du schon aus früheren Kapiteln.
Da die Größe der verwendeten Gegenstände in der Wellenwanne in der Größenordnung der Wellenlänge der Wasserwellen liegt, wirken sich Beugungserscheinungen an den Randbereichen auf das Gesamtbild verhältnismäßig stark aus und es wirkt etwas „grob“, aber das Prinzip ist trotzdem gut erkennbar.
11.13.1 Sammellinse im Wellenbecken
Sammellinsen bündeln Licht. Im Abschnitt über dünne Linsen hast du ihre Eigenschaften ausführlich kennengelernt.
In Bild 11.137 siehst du, wie du eine „Sammellinse“ für Wasserwellen bauen kannst. In der Mitte einer Blende befindet sich eine linsenförmige Untiefe im Wellenbecken. Laufen gerade Wellenzüge gegen diese Untiefe, verstärken sich die Wellen im „Brennpunkt“.
11.13.2 Prismen im Wellenbecken
Im Kapitel Reflexionsprismen hast du gesehen, wie die Eigenschaft der Totalreflexion dazu verwendet wird, die Richtung eines Lichtbündels ohne Spiegel in eine andere Richtung umzulenken.
In Bild 11.138 siehst du die Wellenwannen-Version eines Porroprismas. Mit einer Blende sorgst du dafür, dass die Wellenfronten nur auf einer Seite der Hypotenuse der dreieckigen Untiefe einlaufen. Ist die Wassertiefe richtig gewählt, kommt es bereits bei einem Winkel von 45° zur Totalreflexion und die Wellenfront läuft nach zweimaliger Reflexion auf der anderen Seite wieder aus. Die Wellen hinter dem Prisma löschen sich durch destruktive Interferenz weitgehendst aus. Nahezu die gesamte Wellenenergie tritt im oberen Teil wieder aus.
11.13.3 Gekrümmte Spiegel im Wellenbecken
In Bild 11.139 (b) siehst du die Eigenschaft des Parabolspiegels: Befindet sich eine Lichtquelle im Brennpunkt des parabelförmig gekrümmten Spiegels, verlassen alle Strahlenbündel parallel den Spiegel. Lichtwege können umgekehrt werden, somit werden alle parallel zum Parabolspiegel einfallenden Lichtstrahlen in den Brennpunkt reflektiert.
In Bild 11.139 siehst du eine parabelförmig gekrümmte Begrenzung in der Wellenwanne. Platzieren wir einen punktförmigen Erreger im Brennpunkt der Parabel, erhalten wir nahezu gerade Wellenfronten am Ausgang.
Befindet sich eine Lichtquelle im Brennpunkt eines elliptischen Spiegels, werden die Lichtstrahlen im zweiten Brennpunkt gebündelt.
In Bild 11.140 siehst du das Verhalten von Wellen bei einer Begrenzung in Form einer Ellipse und einem punktförmigen Wellenerreger in einem Brennpunkt. Die reflektierten Wellfronten aus dem ersten Brennpunkt überlagern sich und ergeben eine in den zweiten Brennpunkt einlaufende Kreiswelle. Sie passieren ungestört den zweiten Brennpunkt, verlassen ebenso kreisförmig den zweiten Brennpunkt, um wieder in den ersten Brennpunkt reflektiert zu werden, und so weiter.
11.13.4 „Luftspiegelung“ im Wellenbecken
Bei einer Luftspiegelung kommt es zu einer kontinuierlichen Lichtbrechung vom Lot. Sie tritt bei einer zum Boden zunehmend heißeren Luft auf. Der Brechungsindex nimmt dabei kontinuierlich zum Boden hin ab. Eine solche kontinuierliche Änderung einer Größe in einer Richtung wird in der Fachsprache als Gradient bezeichnet.
Ein ganz ähnliches Verhalten können wir in einer Wellenwanne mit Wasserwellen beobachten. Legen wir einen Keil ins Wasser, können wir einen Bereich mit zunehmender Wassertiefe schaffen. Beobachten wir Wellenzüge, die vom seichten Bereich schräg auf den Keil zulaufen, erkennen wir ebenfalls das kontinuierliche Ablenken des Wellenstrahls (Bild 11.141). So wie bei der Luftspiegelung der Temperaturgradient für eine kontinuierliche Änderung der Lichtgeschwindigkeit sorgt, nimmt die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wasserwellen mit der Tiefe kontinuierlich zu.