9.8 Energie und Intensität einer Welle

In diesem Kapitel geht es um die Energie und Intensität von Wellen. Auf jedem Audiogerät gibt es eine Volume Einstellungsmöglichkeit für die Lautstärke (Bild 9.61). Auf einigen Geräten kannst du zusätzlich die loudness verändern. Was es mit dieser Einstellung auf sich hat, erfährst du weiter unten.

Verstärker einer Stereoanlage

Bild 9.61: Verstärker einer Stereoanlage

9.8.1 Energie einer Welle

Im Abschnitt Energie eines Oszillators haben wir die Energie eines einzelnen Oszillators behandelt. Da ein Wellenmedium einer Aneinanderreihung von gekoppelten Oszillatoren entspricht, ergibt sich die Energie einer Welle als Summe der Energien aller Oszillatoren des Mediums. Gehen wir von lauter identischen, gleich schwingenden Oszillatoren aus, können wir die Masse \(m\) eines Oszillators durch die Gesamtmasse \(M=\sum m\) aller Oszillatoren ersetzen.

\[\begin{equation} E_{ges} = M\cdot 2\pi^2\cdot f^2\cdot A^2 \tag{9.8} \end{equation}\]

Auch die Energie einer Welle wächst also mit der zweiten Potenz der Amplitude und der zweiten Potenz der Frequenz.

9.8.2 Intensität einer Welle

Bei den Experimenten mit der Wellenwanne ist dir vielleicht aufgefallen, dass die Amplitude einer punktförmig angeregten Kreiswelle mit dem Abstand vom Erreger kleiner wird. Dabei geht keine Energie verloren. In einem größeren Abstand von dem Erreger teilt sich die Energie nur auf mehr Wasserteilchen auf.

Wir führen einen neuen Begriff ein:

Die Intensität \(I\) (engl. intensity) einer Welle ist die Energie \(E\) pro Zeit \(t\), die durch eine Fläche \(A\) normal zu der Ausbreitungsrichtung der Welle fließt.

Die Intensität als Formel ausgedrückt lautet:

\[ I = \frac{1}{A}\cdot\frac{E}{t} \]

Mit der Definition der Leistung erhalten wir:

\[ \text{Intensität} = \frac{\text{Leistung}}{\text{Fläche}} \]

Oder:

\[\begin{equation} I = \frac{P}{A} \tag{9.9} \end{equation}\]

Beachte, dass \(A\) in dieser Formel nicht für die Amplitude, sondern für eine Fläche steht!

Da die Energie einer Welle mit der zweiten Potenz von Amplitude und Frequenz steigt, gilt dasselbe auch für die Intensität.

9.8.3 Einheit der Intensität

Einsetzen in die Definitionsgleichung für die Intensität liefert die Einheit:

\[ [I] = \frac{[P]}{[A]} = 1\;\frac{\text{W}}{\text{m}^2} = 1\;\text{W}\cdot\text{m}^{-2} \]

Die Einheit „Watt pro Quadratmeter“ hat keinen eigenen Namen.

9.8.4 Schallpegel

Bei einer Frequenz von \(1000\;\mathrm{Hz}\) muss eine Schallwelle eine Intensität von nur \(10^{-12}\;\mathrm{W/m^{2}}\) besitzen, damit sie von einem menschlichen Ohr wahrgenommen werden kann (Hörschwelle). Bei dieser Intensität beträgt die Amplitude der Luftteilchen lediglich \(10^{-11}\;\mathrm{m}\). Wenn du bedenkst, dass die Größe von Molekülen bei \(10^{-10}\;\mathrm{m}\) liegt, kannst du dir vorstellen, wie unglaublich empfindlich unser Gehör ist.

Die größte Schallintensität, die unser Gehör verkraftet, liegt bei ungefähr \(1\;\mathrm{W/m^{2}}\) (Schmerzgrenze). Einen Knall mit doppelter Intensität empfinden wir nicht als doppelt so laut. Die objektiv gemessene Schallintensität und die subjektiv empfundene Lautstärke hängen über das Weber-Fechnersche Gesetz zusammen. Daher wird die Lautstärke meistens nicht als Intensität, sondern in der Größe Schallpegel (engl. intensity level) angegeben.

Eine Schallintensität von \(I\) entspricht einem Schallpegel \(L\) von

\[\begin{equation} L = 10\cdot\log_{10}\left(\frac{I}{I_0}\right) \tag{9.10} \end{equation}\]

\(I_0=10^{-12}\;\mathrm{W/m^{2}}\) (Nullpegel) ist eine Konstante.

Der Schallpegel wird in der Einheit Dezibel (Abkürzung \(\mathrm{dB}\)) angegeben. Der Name der Einheit leitet sich von der Vorsilbe dezi für den Faktor 10 und dem Namen von Graham Bell, der als Erfinder des Telefons gilt, ab. Beachte: Die Einheit wird nur mit einem „l“ geschrieben.

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9.8.5 Hörbereich des Menschen

Im Diagramm 9.62 siehst du als weiße Fläche (Hörfläche) den gesamten Umfang des menschlichen Gehörs dargestellt. Nach rechts ist die Frequenz aufgetragen (logarithmischer Maßstab) und nach oben der Schallpegel in Dezibel.

Hörfläche des Menschen

Bild 9.62: Hörfläche des Menschen

Messungen zeigen uns, dass sogar zwei Töne mit gleicher Schallintensität (Schallpegel), aber unterschiedlicher Frequenz unterschiedlich laut wahrgenommen werden. Daher gibt es noch die psychoakustische Größe Lautstärkepegel (engl. loudness) mit der Einheit Phon (bunte Linien in Bild 9.62). Bei einem fixen Wert (zum Beispiel \(30\;\mathrm{phon}\)) hörst du dieselbe Lautstärke, egal bei welcher Frequenz. Bei der Frequenz \(1000\;\mathrm{Hz}\) entsprechen \(0\;\mathrm{dB}\) exakt \(0\;\mathrm{phon}\) (Schnittpunkt der strichlierten Linien).

Wenn du dir das Diagramm 9.62 genau ansiehst, kannst du erkennen, dass wir besonders hohe und besonders tiefe Frequenzen leiser wahrnehmen. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass sich der Frequenzbereich der menschlichen Stimme in der Mitte des Diagramms befindet. Vermutlich ist das Hören von Artgenossen für unser Überleben wichtiger als andere Geräusche und deshalb wird dieser Bereich stärker hervorgehoben. Die Einstellung loudness bei einem Audiogerät hebt den Schallpegel von hohen und tiefen Frequenzen an, damit wir diese Frequenzbereiche deutlicher hören können.

9.8.6 Bioakustik

Du kennst das Gezwitscher von Vögeln und das Blöken von Schafen. Diese Tiere erzeugen Töne im Hörbereich des Menschen von rund \(20\;\mathrm{Hz}\) bis \(20{.}000\;\mathrm{Hz}\). Viele Tiere und Pflanzen erzeugen aber Laute außerhalb dieses Bereiches. Die Wissenschaft der Bioakustik (engl. bioacoustics) untersucht mit Mikrofonen auf der Suche nach nicht-menschlichen Tönen auch den Infraschall- (Frequenzen unterhalb des menschlichen Gehörs) und den Ultraschall-Bereich (Frequenzen oberhalb des menschlichen Gehörs) und hat dabei erstaunliche Entdeckungen gemacht.

Buckelwalkuh mit Kalb

Bild 9.63: Buckelwalkuh mit Kalb

Einige Walarten, etwa Pottwale, tauchen \(1000\;\mathrm{m}\) und tiefer. Die Streuung von Licht im Wasser bewirkt aber, dass es ab einer Wassertiefe von rund \(50\;\mathrm{m}\) absolut dunkel ist. Selbst die großen Augen der Wale nützen hier nichts mehr. Zur Orientierung und zur Kommunikation bleibt ihnen nur der Schall. Um ihre Umgebung auszuloten, verwenden sie Klicklaute und das Prinzip der Echoortung und finden auf diese Weise Hindernisse und Nahrung. Die „Walgesänge“ dienen der Kommunikation (Hörbeispiel Buckelwal Audio abspielen Quelle).

Schallgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Meerestiefe

Bild 9.64: Schallgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Meerestiefe

Um weit entfernte Artgenossen zu erreichen, verwenden einige Walarten den SOFAR-Kanal. Dabei handelt es sich um einen Bereich zwischen \(500\;\mathrm{m}\) bis \(1500\;\mathrm{m}\) Meerestiefe, in dem sich Schall besonders weit ausbreiten kann. Die Dichte von Meerwasser und damit die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Schall hängt von der Wassertemperatur, dem Salzgehalt und dem Tiefendruck ab. Der Salzgehalt ist überall ungefähr gleich groß. Die Temperatur nimmt mit der Tiefe aber schneller ab, als der Tiefendruck zunimmt. Ungefähr in einer Tiefe von \(1000\;\mathrm{m}\) hat die Schallgeschwindigkeit ein Minimum (Bild 9.64). Schall kann sich in dieser Tiefe ähnlich Licht in einem Lichtleiter ausbreiten. An den Schichten darunter und darüber kommt es zur Totalreflexion der Schallwellen. Auf diese Weise sind Walgesänge oft über hunderte Kilometer weit zu hören. Und auch die Lautstärke ist gewaltig. Pottwale erreichen Lautstärken von bis zu \(200\;\mathrm{dB}\)!

Elefanten und Krokodile kommunizieren auch über Infraschall. Als Übertragungskanal verwenden Elefanten hauptsächlich den Boden, der tiefe Frequenzen besonders gut überträgt. Auf diese Weise erreicht der Schall Artgenossen in einer Entfernung von bis zu \(10\;\mathrm{km}\). Aufgenommen werden die Vibrationen über druckempfindliche Stellen an den Fußsohlen und der Rüsselspitze.

Viele Insekten, wie Schmetterlinge, besitzen ebenfalls Schallsinnesorgane (Tympanalorgan). Mit diesem Organ können sie unter anderem die Ultraschallrufe von Fledermäusen wahrnehmen, die diese für die Echoortung verwenden.

Bioakustik ist nicht auf Tiere beschränkt. Einige Pflanzen, wie die Götterblume, setzen nur dann Pollen aus ihren Staubbeuteln frei, wenn sie mit der Frequenz des Flügelschlags von Bienen angeregt werden (Vibrationsbestäubung, engl. buzz pollination). Pflanzen erzeugen aber auch Schall. So wurde zum Beispiel an den Wurzelspitzen von Maispflanzen laute und häufige Klickgeräusche festgestellt. Ob Akustik von Pflanzen als Kommunikationsmittel genutzt wird, ist bisher nicht bekannt.

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